"Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG). Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift der GenStA Bezug genommen, welche auch durch die Gegenerklärung der Verteidigung nicht entkräftet werden. Dem Senat erscheinen zwei ergänzende Bemerkungen veranlasst:"

1. Soweit der Betr. in der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift vorträgt, er habe “versucht’, in der Hauptverhandlung einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ordnungsgemäßheit der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung zu stellen, das AG habe diesen Beweisantrag jedoch “kategorisch abgelehnt und noch nicht einmal zugelassen’, und hierzu in der Gegenerklärung der Verteidigung v. 11.3.2013 ergänzend mitgeteilt wird, dass sich das Gericht geweigert habe, den Beweisantrag zu protokollieren, “da der Vorsitzende Richter gar nicht darauf eingegangen ist und den Antrag für nicht zulässig befunden hatte’, entspricht die erhobene Verfahrensrüge der fehlerhaften Behandlung eines Beweisantrags bzw. der unzulässigen Beschränkung der Verteidigung nicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG an eine zulässige Verfahrensrüge.

a) Die Stellung eines Beweisantrags sowie der Beschluss über die Ablehnung eines Beweisantrags gehören auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren gem. § 273 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG zu den wesentlichen Förmlichkeiten einer Hauptverhandlung (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.7.2008 – 3 Ss OWi 860/08); dasselbe gilt für die Stellung eines Beweisermittlungsantrags (Graf/Peglau StPO 2. Aufl. § 273 Rn 20). Die Beachtung dieser Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Aus dem von dem Vorsitzenden unter zulässigem Verzicht auf die Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§§ 226 Abs. 2 S. 1 StPO, 71 Abs. 1 OWiG) gefertigten und unterzeichneten Protokoll der Hauptverhandlung v. 8.10.2012 ergibt sich indes weder, dass der Verteidiger einen Beweisantrag gestellt hat, noch dass ein solcher durch das Gericht abgelehnt wurde. Gem. § 274 S. 1 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG gilt damit als nicht geschehen, was im Protokoll nicht beurkundet ist (vgl. Meyer-Goßner StPO 55. Aufl. § 274 Rn 14 m.w.N.; Göhler/Seitz OWiG 16. Aufl. § 71 Rn 55). Nur wenn die Beweiskraft des Protokolls in Wegfall geraten ist, kann der Bf. im Freibeweisverfahren den Nachweis führen, dass ein bestimmter Vorgang – entgegen dem Protokoll der Hauptverhandlung – geschehen oder nicht geschehen ist (vgl. Meyer-Goßner § 274 Rn 18). Dies ist aber nur dann der Fall, wenn das Protokoll selbst erkennbare Fehler wie offensichtliche Lücken, Unklarheiten oder Widersprüche aufweist (Meyer-Goßner § 274 Rn 17) oder der Nachweis der Fälschung geführt wird. Eine solche liegt u.a. dann vor, wenn dem Protokoll, sei es durch eine Niederschrift oder durch eine Weglassung, bewusst ein unwahrer Inhalt gegeben wurde (vgl. OLG Düsseldorf StV 1984, 108; Meyer-Goßner § 274 Rn 19; LR-Stuckenberg StPO 26. Aufl. § 274 Rn 35), fahrlässige Falschprotokollierung hingegen reicht nicht aus (OLG Düsseldorf NJW 1997, 1718). Hier kann lediglich im Wege eines Antrags auf Protokollberichtigung versucht werden, eine Richtigstellung im Protokoll zu erreichen (LR-Stuckenberg § 274 Rn 35).

b) Vorliegend ist das Protokoll jedenfalls nicht offenkundig fehlerhaft. Es kann aber auch dahingestellt bleiben, ob die Verteidigung tatsächlich in den Raum stellen will, der erkennende Richter habe es bewusst wahrheitswidrig und damit in strafbarer Weise (§ 348 StGB) unterlassen, die Stellung sowie die Ablehnung des von der Verteidigung behaupteten Beweisantrags in die Verhandlungsniederschrift aufzunehmen. Die Behauptung, der Tatrichter habe die Protokollierung des Beweisantrags verweigert, wurde nämlich erst – nach entsprechendem Hinweis der GenStA auf die negative Beweiskraft des Protokolls in ihrer vorgenannten Antragsschrift – in der Gegenerklärung der Verteidigung v. 11.3.2013 erhoben. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG angebracht worden, so dass es ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen ist (vgl. KK-Kuckein StPO 6. Aufl. § 345 Rn 24; BGH StV 1999, 407). Da in der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift selbst schlüssige Darlegungen zu einem Sachverhalt fehlen, der zum Wegfall der Beweiskraft des Sitzungsprotokolls führen würde, bestand für den Senat damit keine Veranlassung, im Freibeweisverfahren – etwa durch Einholung einer dienstlichen Stellungnahme des erkennenden Richters – über den Ablauf der Hauptverhandlung Beweis zu erheben (vgl. hierzu auch OLG Hamm Beschl. v. 24.6.2008 – Beck RS 2008, 23889).

2. Soweit sich die Rechtsbeschwerde mit der Sachrüge gegen die angeordnete Regelnebenfolge wendet, ist ihr der Erfolg ebenfalls zu versagen. (wird ausgeführt)“

Mitgeteilt von RiOLG Dr. Georg Gieg, Bamberg

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