Die Verteidigung in einer Verkehrsstraf- oder -bußgeldsache kann gelegentlich ein unerfreuliches Nachspiel haben, nämlich dann, wenn der Mandant nach rechtskräftigem Abschluss Post von der Führerscheinstelle erhält.[1] Eine auf den ersten Blick erfolgreiche Vertretung wird so zum "Pyrrhus-Sieg". Kann sich der Rechtsanwalt für seinen Mandanten gegen Anordnungen zur Wehr setzen, wenn die Verwaltungsbehörde ihn zur Beibringung ärztlicher beziehungsweise medizinisch-psychologischer Gutachten zur Klärung von Eignungszweifeln auffordert, obwohl im Strafverfahren keine § 69 StGB-Maßnahme oder nur ein Fahrverbot nach § 44 StGB angeordnet wurde? Schließt dies Eignungszweifel der Verwaltungsbehörde, die der Strafrichter unter dem Gesichtspunkt von § 69 StGB nicht hatte, aus? Und wie verhält es sich, wenn der Beschuldigte wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einem Blutalkohol-Wert von unter 1,6 Promille verurteilt wurde, also unterhalb der Grenze, bei der das BVerwG[2] davon ausgeht, dass eine dauerhaft ausgeprägte Alkoholproblematik besteht, vgl. auch § 13 Nr. 2c FeV.

Verschärft stellt sich die Problematik, wenn der Betroffene "nur" wegen Ordnungswidrigkeiten verurteilt worden ist, bei der lediglich Punkte im Verkehrszentralregister nach § 4 StVG anfielen, ohne dass die Grenze zur Entziehung der Fahrerlaubnis erreicht wurde. Hier muss überprüft werden, ob das Punktesystem unbeachtet bleiben darf. Weiter muss untersucht werden, ob weitergehende Risiken bestehen nach abgeschlossenen Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten, die zahlreich vorgekommen sein mögen, aber nicht ins Verkehrszentralregister eingetragen werden. Dies soll am Beispiel von Verstößen gegen die Sozialvorschriften im Fahrpersonalrecht erörtert werden. Ferner ist zu klären, in welcher Reihenfolge die Fahrerlaubnisbehörde bei einem Zusammentreffen mit einem strafrechtlich relevanten Vorwurf oder einer Verfehlung nach dem OWiG vorgehen darf und inwieweit sie an dortige Vorentscheidungen gebunden ist. Letztlich sind die Konsequenzen eines Beweisverwertungsverbots im Straf-/OWi-Verfahren auf das Führerscheinentziehungsverfahren zu thematisieren.

[1] Nach Nr. 45 Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen sind "Tatsachen, die in einem Strafverfahren – gleichgültig, gegen wen es sich richtet – bekannt werden, … der nach § 73 Abs. 1 bis 3 FeV zuständigen Verwaltungsbehörde mitzuteilen, wenn ihre Kenntnis für die Beurteilung erforderlich ist, ob die Inhaberin oder der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist."
[2] NZV 1994, 376.

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