“ … Die Berufung ist unbegründet. …

1. Allerdings ist zweifelhaft, ob sich die Beklagte mit Erfolg auf das Fristerfordernis der Nr. 2.1.1.1 zweiter Spiegelstrich AUB 2000 berufen kann.

Es ist fraglich, ob diese Bestimmung wirksam vereinbart ist (verneinend etwa Kappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., Ziff. 2 AUB 99 Rn 2; a.A. jedenfalls im Grundsatz OLG Düsseldorf VersR 2006, 1487; OLG Karlsruhe VersR 2005, 1384).

Die Beklagte hat dem Abdruck ihrer AUB 2000 ein – fett gedrucktes – Inhaltsverzeichnis vorangestellt. Dort heißt es:

“Der Versicherungsumfang’

1 Was ist versichert?

2 Welche Leistungsarten können vereinbart werden?

2.1 Invaliditätsleistung …

Der Leistungsfall

7 Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?

8 Welche Folgen hat die Nichtbeachtung von Obliegenheiten? …

Im nachfolgenden Text ist dann auch die Überschrift

“2.1.1 Voraussetzung für die Leistung:’

fett gedruckt, wo sich unter Nr. 2.1.1.1 zweiter Spiegelstrich das Erfordernis einer ärztlichen Feststellung innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall findet. …

Möglicherweise verstößt hier die Regelung einer Frist zur ärztlichen Feststellung gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (§ 9 AGBG). Nach diesem Gebot und den Grundsätzen von Treu und Glauben ist der Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (vgl. etwa BGH VersR 1997, 1517; 2001, 841; 2005, 639). Möglicherweise wird aber der durchschnittliche Versicherungsnehmer, der sich nach einem Unfall in den Bedingungen darüber informieren möchte, was er zu tun habe, auch bei – freilich gebotener – aufmerksamer Durchsicht der Bedingungen (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab etwa BGH VersR 1993, 957; 2000, 1090; 2003, 1163) durch das Inhaltsverzeichnis und die Überschriften zu der Annahme verleitet, er habe nach einem Unfall lediglich die Klausel “7 Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?’ zu befolgen. Dem steht jedenfalls der Begriff “Obliegenheiten’ nicht entgegen; denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird diesen Begriff ebenso mit einer etwaigen Frist für eine von ihm zu besorgende ärztliche Feststellung verbinden wie mit den unter Nr. 7 beschriebenen Verhaltensregeln. Auch geht es nicht etwa unter Nr. 7 in erster Linie um Regeln, welche den Zweck haben, die Unfallfolgen möglichst zu mindern (vgl. hierzu BGH VersR 2005, 639 unter II 3c).

Vor allem durch die somit nach ihrer Formulierung recht weit reichende Überschrift von Nr. 7 “Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?’ unterscheiden sich die hier vereinbarten Bedingungen von dem Klauselwerk AUB 94, dessen Fristenregelung nach gefestigter Rspr. wirksam ist (vgl. BGH VersR 2005, 639). Im Streitfall kommt (anders möglicherweise als in den Fällen OLG Düsseldorf VersR 2006, 1487, und OLG Karlsruhe VersR 2005, 1384) hinzu, dass das vorangestellte fett gedruckte Inhaltsverzeichnis mit den Überschriften “Der Versicherungsumfang’, “2 Welche Leistungsarten können vereinbart werden?’, “2.1 Invaliditätsleistung’ und “2.2 Unfall-Rente plus Zusatzleistung’ den Versicherungsnehmer eher nicht vermuten lässt, dass unter Nr. 2.1 auch eine zu beachtende Frist festgeschrieben ist.

Die Frage nach der Wirksamkeit der Fristenregelung kann aber letztlich ebenso dahin gestellt bleiben wie die weitere Frage, ob die Beklagte sich an ihrer – freilich erst nach Fristablauf abgegebenen – Erklärung vom 11.8.2003 festhalten lassen muss.

2. Ein Anspruch des Klägers besteht nämlich jedenfalls deshalb nicht, weil sich nicht feststellen lässt, dass der Kläger durch den Unfall auf Dauer in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist (Nr. 2.1.1.1 S. 1 AUB 2000).

Der Sachverständige Privatdozent Dr. G, an dessen Sachkunde und Erfahrung kein Zweifel besteht, hat vor dem Senat noch einmal überzeugend ausgeführt, dass der Unfall nicht – auch nicht mit nur überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO, vgl. zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift etwa Kappmann, a.a.O., AUB 94 § 7 Rn 5 am Ende) – zu einem Dauerschaden geführt hat. Die vom Kläger beklagten Beeinträchtigungen lassen sich danach vielmehr mehr als ebenso gut auf bereits vor dem Unfall vorhandene, degenerative Schäden zurückführen. Die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. …

Die Beurteilung von Dr. R, aber auch die Beurteilung von Dr. Gr begründen keine Zweifel an den Ausführungen des Sachverständigen Privatdozent Dr. G. Weder Dr. R noch Dr. Gr haben sich in ihren Äußerungen umfassend mit den Vorbefunden und dem Fehlen nachweisbarer knöcherner Verletzungen oder sonstiger nachweisbarer dauerhafter Veränderungen auseinander gesetzt. … “

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