[4] “I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte zu 1) sei in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig geworden. Deshalb treffe die Verantwortlichkeit nicht ihn persönlich, sondern gem. § 839 BGB, Art. 34 GG den Träger der Feuerwehr. Die Beklagte zu 2) hafte gem. § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG, wobei es nicht darauf ankomme, ob der Beklagte zu 1), seine Ehefrau oder beide Halter des Fahrzeugs gewesen seien. Dieser Anspruch werde von der Haftungsverlagerung gem. Art. 34 S. 1 GG nicht erfasst. Das Haftungsprivileg des § 106 Abs. 3 SGB VII greife nicht ein. Weder hätten die beteiligten Feuerwehren zur Hilfe bei Unglücksfällen “zusammengewirkt’ (Alt. 1), noch seien der Kläger und der Beklagte zu 1) auf einer “gemeinsamen Betriebsstätte’ tätig gewesen (Alt. 3). Da ihre Einsatzorte weit voneinander entfernt gelegen hätten, habe eine Gefahrengemeinschaft nicht bestanden.

[5] II. Die angefochtene Entscheidung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Eine Haftung der Beklagten zu 2) ist aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.

[6] 1. War der Beklagte zu 1), was das Berufungsgericht offen gelassen hat, Halter des von ihm gefahrenen Fahrzeugs, scheiden Ersatzansprüche des Klägers gegen den zweitbeklagten Haftpflichtversicherer aus, weil der Beklagte zu 1) selbst nicht haftbar ist. Seine Ersatzpflicht ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nach § 106 Abs. 3 Alt. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen.

[7] a) Nach § 106 Abs. 3 Alt. 1 SGB VII gelten, wenn Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen zusammenwirken, die §§ 104 und 105 SGB VII für die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander. Freiwillige Feuerwehren, die im früheren § 637 Abs. 2 RVO noch ausdrücklich genannt wurden, sind “Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen’ i.S.v. § 106 Abs. 3 Alt. 1 SGB VII (Kasseler Kommentar/Ricke, 53. Lfg. 2007, § 128 Rn 3a). Als solche werden sie in Bayern jedenfalls dann tätig, wenn sie Pflichtaufgaben nach Art. 1 Abs. 1 BayFwG erfüllen. Das war vorliegend der Fall, denn zu diesen Aufgaben gehört neben dem abwehrenden Brandschutz der technische Hilfsdienst, also die im öffentlichen Interesse liegende “ausreichende technische Hilfe bei sonstigen Unglücksfällen’, zu denen auch Verkehrsunfälle zählen (Forster/Pemler, Bayerisches Feuerwehrgesetz, 29. Lfg. 2003, Art. 1 Rn 45).

[8] b) Die im Streitfall alarmierten Feuerwehren haben i.S.v. § 106 Abs. 3 Alt. 1 SGB VII “zusammengewirkt’, denn nach dem Einsatzplan sollten beide Feuerwehren ausrücken und die Unglücksstelle gemeinsam – wenn auch an verschiedenen Stellen – absperren.

[9] aa) Ein solches Verständnis des Begriffs “Zusammenwirken’ entspricht sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat bei allen Alternativen des § 106 Abs. 3 SGB VII Kooperationsformen ins Auge gefasst, bei denen im faktischen Miteinander die Tätigkeit der Mitwirkenden aufeinander bezogen oder miteinander verknüpft oder auf gegenseitige Ergänzung oder Unterstützung ausgerichtet ist (BGHZ 145, 331, 336). In diesen Fällen besteht zwischen Angehörigen fremder Unternehmen eine besondere Gefahrengemeinschaft, die eine entsprechende Anwendung der §§ 104, 105 SGB VII rechtfertigt (Kasseler Kommentar/Ricke, 44. Lfg. 2004, § 106, Rn 2; ders., 48. Lfg. 2005, Rn 10).

[10] bb) Hinsichtlich der Voraussetzungen von § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII (gemeinsame Betriebsstätte) hat der erkennende Senat darauf abgestellt, dass dieses Haftungsprivileg nicht eingreift, wenn die Tätigkeiten von Angehörigen fremder Unternehmen beziehungslos nebeneinander ablaufen und nur rein zufällig aufeinander treffen (Arbeitsberührung statt Arbeitsverknüpfung). Das ist etwa dann der Fall, wenn sich die beteiligten Unternehmen vor dem Schadensereignis in keiner Weise – auch nicht stillschweigend oder durch bloßes Tun – verständigt haben (Senatsurt. BGHZ 145, 331; 157, 213; v. 8.4.2003 – VI ZR 251/02 – VersR 2003, 904 und v. 13.3.2007, VersR 2007, 948). Diese Grundsätze sind auch für die Auslegung von § 106 Abs. 3 Alt. 1 SGB VII heranzuziehen.

[11] cc) Im Streitfall haben die beiden Feuerwehren eine ausdrückliche Absprache darüber getroffen, in welchem Bereich der Unglücksstelle sie jeweils tätig werden sollten. Die Absperrmaßnahmen liefen nicht zufällig und beziehungslos nebeneinander ab, sondern waren bewusst miteinander verknüpft, zumal bei einer beidseits befahrbaren Straße Bergungsarbeiten nur dann ungestört durchgeführt werden können, wenn die Zufahrt zum Unfallort von beiden Seiten abgesperrt wird (vgl. OLG München, Urt. v. 15.12.2006 – 10 U 3618/06 – Rn 13, juris).

[12] dd) Danach war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vorliegend eine sog. Gefahrengemeinschaft gegeben, die Grundlage des Haftungsausschlusses nicht nur in Fällen der 3. Alternative des § 106 Abs. 3 SGB VII (dazu Senatsurt. BGHZ 148, 209, 212 und vom 13.3.2007, a.a.O.), sondern auch beim Zusammenwirken mehrerer Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen ist (Kasseler K...

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