1. Versucht das Gericht gegen den Widerstand des Verteidigers Urkunden zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen, um hierdurch die Vernehmung von Zeugen zu ersetzen, so sollte der Verteidiger hiergegen vorgehen und dem schriftlich widersprechen.

2. Beweisanträgen auf Vernehmung der Messbeamten ist zu entsprechen. Sie dürfen nicht gem. § 77 Abs. 2 OWiG abgelehnt werden. Andernfalls wird kein effektiver Rechtsschutz gewährleistet. Der Betroffene muss die Möglichkeit haben, die Richtigkeit der Messung nachzuprüfen. Regelmäßig liegt auch kein Ausforschungsbeweis vor.

3. Im Rahmen der Überprüfung von Urteilen durch die 2. Instanz müssen auf Verfahrensrügen amtsgerichtliche Entscheidungen aufgehoben werden, wenn der Bußgeldrichter die vorgeworfene Ordnungswidrigkeit nicht ausreichend aufgeklärt hat.

4. Die Ablehnung von Beweisanträgen bei Geldbußen im Bereich von unter 100 EUR verstößt gegen das rechtliche Gehör, so dass auch Zulassungsrechtsbeschwerden ein Erfolg nicht zu versagen ist.

5. Beschränkt sich die Verhandlung in einer Bußgeldsache darauf, dass nur Urkunden aus der Bußgeldakte in den Termin eingeführt werden, um darauf später die Verurteilung zu stützen, so handelt es sich nicht mehr um eine Hauptverhandlung, die den Mindestanforderungen entspricht. Ein derartiger Ablauf einer Sitzung ohne echte Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht hat die Bezeichnung der Hauptverhandlung nicht verdient.

Autor: Rechtsanwalt Dr. Ingo E. Fromm, Koblenz

zfs 7/2020, S. 368 - 372

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