Die überwiegende Ansicht sieht die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Einholung eines weiteren Gutachtens, das oft fälschlich als Obergutachten bezeichnet wird, als unzulässig an. Anders als die Entscheidung des Gerichts über die Anhörung des Sachverständigen gem. § 411 Abs. 3 ZPO, die auf Antrag der Partei erfolgt und dem Tatrichter kein Ermessen einräumt, sondern anzuordnen ist, steht die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (vgl. BGH VersR 1980, 533; BGH VersR 1999, 716; OLG Rostock MDR 2008, 999). Für die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde ist es ausschlaggebend, ob die getroffene Entscheidung von einem Antrag der Partei abhängig ist oder sie von Amts wegen getroffen worden ist. Ist sie von Amts wegen getroffen worden, ist die sofortige Beschwerde nicht statthaft (vgl. OLG Rostock MDR 2008, 999; OLG Rostock MDR 2007, 1449; OLG Koblenz MDR 2007, 736; OLG Köln NJW-RR 2000, 729; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 567 Rn 14; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rn 16; MüKo/Baum, ZPO, 2. Aufl., Rn 7; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 490 Rn 4; anders OLG Frankfurt – 4. Zivilsenat – MDR 2008, 585).

Dieser Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit im selbständigen Beweisverfahren führt auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Antragstellers. Im folgenden Hauptsacheverfahren kann die Partei einen Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens stellen (vgl. BGH MDR 2006, 287). Voraussetzung hierfür ist es, dass zur Begründung des Antrages ein weiteres einzuholendes Gutachten erforderlich ist, das die Sachkunde des bisherigen Gutachters zweifelhaft ist, dass Gutachten von unzutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgeht, es Widersprüche enthält oder der neue Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt (vgl. BGH MDR 2006, 287; BGH VersR 1980, 533).

Im Übrigen ist ein Angriff gegen ein im selbständigen Beweisverfahren erstattetes Gutachten oft auch deshalb verfehlt, weil die "streitentscheidende Beweiswürdigung ausschließlich und ohne Präjudiz im Hauptsacheprozess erfolgt" (Heidland, IBR 2009, 187).

RiOLG a. D. Heinz Diehl, Frankfurt/M.

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