Oft schildern die Betroffenen selbst bereits im Vorfahren Umstände, auf denen die Richter dann eine Verurteilung wegen Vorsatz erwägen. Jeder Verteidiger kennt auch Situationen, in denen, trotz aller vorherigen Belehrungen, der Mandant meint, er müsse noch einiges in der Verhandlung ergänzen. So geschehen im folgenden Fall:

Fall 2: Die Äußerung im letzten Wort "da ich wusste, dass bald das 120 km/h-Schild kommt, habe ich schon mal angefangen zu beschleunigen", hatte zur Folge, dass der Richter eine Vorsatzverurteilung mit einem doppelt so hohen Bußgeld als nach Bußgeldkatalog erwog und nur mit anwaltlicher Ablenkung davon abgehalten werden konnte.

Aber auch die Schilderung von Umständen, die eher nachvollziehbar sind, können von einem Gericht anders bewertet werden als der Betroffene das zuvor für möglich gehalten hatte:

Fall 3: Bei einer Übertretung von 21 km/h auf einer BAB, von einem Betroffenen ohne Voreintragungen, trug dieser schon im Vorverfahren vor, dass er und seine Frau Sonntag morgens um 8 Uhr darüber informiert wurden, dass seine Schwiegermutter gestorben und bis um 10 Uhr ein Abschiednehmen möglich sei. Das Gericht erteilte schriftlich Vorsatzhinweis mit der Begründung, dass "der Betroffene im Rahmen der Anhörung selbst vorgetragen hat, dass "Grund für die Eile" ein Anruf aus dem Krankenhaus gewesen sei".[16] Dem Antrag der Verteidigung das Verfahren aufgrund der besonderen Umstände gem. § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen, wollte das Gericht nicht folgen, reduzierte aber nach längerer Diskussion die Geldbuße auf 59 EUR.

Ohne ein Geständnis sind für die Annahme einer vorsätzlichen Tatbegehung "mehrere Indizien festzustellen, die in ihrer Gesamtschau" zu einer Vorsatzverurteilung führen können.[17]

[16] Auch das OLG Karlsruhe soll bei einer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um fast 50 % die Einlassung des Betroffenen, er sei "in Eile" gewesen, als Indiz für vorsätzliches Handeln gewertet haben. Krumm hält dies, zu Recht, für eine zu subjektive Äußerung, die fast bedeutungslos sei, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 3. Auflage 2014, S. 56 Rn 25.
[17] Krumm, der ausdrücklich ergänzt, dass ein einzelnes Indiz für eine vorsätzliche Tatbegehung nicht genügt, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 3. Auflage 2014, S. 53, RdNr. 17.

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