Die Heruntertrichterung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf einer Autobahn ist ein typischer Anlass für einen Vorsatzhinweis. Umstritten ist, ab wann von einem Trichter ausgegangen werden sollte. Schon sprachlich kann nicht von einem Trichter ausgegangen werden, wenn die gleiche Höchstgeschwindigkeit wiederholt wird, Es bedarf mindestens einer Reduzierung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von der ersten auf die zweite Beschilderung. Einige Gerichte halten mindestens drei aufeinander folgende Beschilderungen für erforderlich, von denen zumindest die dritte eine geringere Höchstgeschwindigkeit als die erste oder zweite Beschilderung vorsieht. Ersatzweise können auch weitere Umstände für eine Trichterung sprechen, nämlich wenn eine Fahrspurverengung den Grund für eine stufenweise Geschwindigkeitsreduzierung evident erscheinen lässt. Ob auch eine Anschlussstelle, die im Regelfall nicht so ins Auge fällt, wie die durch Barken unübersehbare Fahrspurverengung, ein gleichgewichtiges Indiz für Vorsatz sein sollte, scheint dagegen deutlich umstrittener.

Fall 6: Bei einer Übertretung von 24 km/h außerorts, bei zulässigen 80 km/h, vergleicht das Gericht die ständige Rechtsprechung einer anderen Bußgeldabteilung desselben Gerichts und teilt mit, dass es trotz Geschwindigkeitstrichters (100 – 80 – 80) nicht von Vorsatz ausgeht.

Fall 7: Auch ein anderes Gericht nimmt die Übertretung von 44 km/h auf einer BAB, bei erlaubten 60 km/h nach Geschwindigkeitstrichter (120-100-80-60, jeweils beidseitig), nicht zum Anlass für einen Vorsatzhinweis. Für die nicht vorbelastete Betroffene werden die Härtefallumstände für eine Fahrverbotsumwandlung berücksichtigt und das ursprünglich festgesetzte Bußgeld dafür auf 320 EUR verdoppelt.

Fall 8: Im extremen Gegensatz dazu hält ein anderes Gericht in derselben Region eine Geschwindigkeit von 81 km/h bei zulässigen 60 km/h, somit bei 21 km/h Überschreitung denkbar knapp im Eintragungsbereich des FAER, für Vorsatz, weil der Betroffene in einer Baustelle auf der Autobahn trotz der Trichterung über 80 km/h gefahren sei. Auch nach längerer Diskussion, ob der Betroffene das letzte Verkehrszeichen, mit dem die Geschwindigkeit von zuvor 80 auf dann 60 km/h reduzierte, übersehen haben könnte, bleibt das Gericht dabei, dass der Betroffene 1 km/h mehr als die erlaubten 80 km/h des vorletzten Verkehrszeichens gefahren sei. Dem Hinweis der Verteidigung, dass dies weit entfernt von den 50 % Überschreitung sei, die das OLG Schleswig als Indiz für Vorsatz annehme, trat das Gericht mit der Begründung entgegen, dass das Passieren von drei beidseitigen Verkehrszeichen für Vorsatz spreche, deshalb genüge auch die Überschreitung von 1 km/h für das dritte Verkehrszeichen für die Annahme von Vorsatz.

Fall 9: Ein weiteres Gericht in der Region hatte bei einer Übertretung von ebenfalls 21 km/h bei erlaubten 100 km/h auf einer Autobahn am Ende eines Trichters in der Ladung den Hinweis gegeben: "Es wird gemäß §§ 265 StPO, 46 OWiG darauf hingewiesen, dass angesichts des Umstandes, dass sich die Messstelle in einem Geschwindigkeitstrichter befindet, vorsätzliches Handeln in Betracht kommen kann." Die Verteidigung räumte ein, dass eine Übertretung in einem Trichter zwar ein Indiz für Vorsatz sei, aber dennoch weitere Umstände hinzutreten müssten. Da der Verstoß mit 21 km/h nur knapp im Eintragungsbereich liege und kein zusätzliches Indiz für Vorsatz ersichtlich sei, könne nicht von Vorsatz ausgegangen werden. Das Gericht vertrat dagegen die Auffassung, die Höhe der Geschwindigkeit sei gleichgültig.

An dieser Stelle ist anzumerken, wie wichtig es ist, dass die Verteidigung darauf achtet, wo genau die Messung erfolgte. Ein Verstoß am Anfang eines Trichters ist noch kein besonderes Indiz für Vorsatz, weil das Verkehrszeichen dort noch nicht einmal wiederholt worden sein muss. Die Wahrscheinlichkeit von Vorsatz steigert sich nach der Wiederholung oder weiteren Reduzierung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in der Mitte des Trichters bis zu einer weiteren Steigerung am Ende eines Trichters, wenn dieser eine von dort schon gut sichtbare Spurverengung vorbereitet. Insofern ist der o.g. Hinweis des Gerichts, dass sich die Messstelle in einem Trichter befindet, zu ungenau, um einen Vorsatzhinweis zu begründen.

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