Es besteht ein Zusammenhang von unionsrechtlich harmonisierten Mindestvoraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis, der Überprüfung dieser Voraussetzungen durch den Ausstellermitgliedstaat und der Pflicht zur Anerkennung dieses in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins.

Dabei weist der EuGH weist zunächst darauf hin, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung vorbehaltlich der in der Richtlinie festgelegten Ausnahmen grds. auch für Führerscheine gilt, die infolge eines Umtauschs gem. deren Art. 11 Abs. 1 oder infolge einer Erneuerung nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2006/126 ausgestellt wurden (EuGH, Urt. v. 28.10.2020, Kreis Heinsberg – C-112/19, zfs 2021, 233).

Wenn dem Betr. nach Ablauf einer Sperrfrist nun in seinem Wohnsitzmitgliedstaat ein neuer Führerschein ausgestellt wurde, darf danach grds. die Anerkennung von dessen Gültigkeit von einem anderen Mitgliedstaat nicht von der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig gemacht werden (EuGH, Urt. v. 19.2.2009, Schwarz – C-321/07, zfs 2009, 293 und v. 26.4.2012, Hofmann – C-419/10, zfs 2012, 351). In einer solchen Situation ist nämlich die mit der Entziehung der Fahrerlaubnis im anderen Mitgliedstaat geahndete Fahruntauglichkeit durch die bei der späteren Ausstellung eines Führerscheins durchgeführte Eignungsprüfung behoben, wobei der Ausstellermitgliedstaat bei dieser Gelegenheit auch prüfen muss, ob der Bewerber die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erfüllt.

Die einfache Erneuerung (= Verlängerung der Gültigkeitsdauer nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2006/126/EG) eines Führerscheins der Klassen A und B kann aber mit Blick auf den o.g. Zusammenhang nicht der Ausstellung eines neuen Führerscheins gleichgestellt werden, da die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie nicht verpflichtet sind, bei der Erneuerung eines Führerscheins die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Fahrtauglichkeit zu prüfen. Zwar können die Mitgliedstaaten auch die Erneuerung solcher Führerscheine von einer Prüfung der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit für das Führen dieser Fahrzeuge abhängig machen (wie aus Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 2 dieser RL hervorgeht). Es ist jedoch festzustellen, dass es sich bloß um eine Möglichkeit handelt, die den Mitgliedstaaten überlassen ist, nicht aber um eine Verpflichtung. Dementsprechend kann der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Inhaber eines lediglich erneuerten Führerscheins der Klassen A und B fahren möchte, nachdem ihm infolge eines in diesem Hoheitsgebiet begangenen Straßenverkehrsdelikts ein Fahrverbot für dieses Gebiet erteilt wurde (im Fall: Verurteilung wg. Trunkenheit im Verkehr, Aberkennung des Rechts von der spanischen FE in Deutschland Gebrauch zu machen; Sperrfrist für Neuerteilung) es ablehnen, die Gültigkeit dieses Führerscheins anzuerkennen, wenn die im nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Wiedererlangung des Rechts, in diesem Gebiet zu fahren, nicht erfüllt sind. Der Inhaber des Führerscheins muss allerdings die Möglichkeit haben, den Nachweis zu erbringen, dass seine Fahrtauglichkeit bei der Erneuerung dieses Führerscheins Gegenstand einer Prüfung war, die die Annahme erlaubt, dass seine Fahruntauglichkeit durch die Wirkung dieser Erneuerung aufgehoben wurde.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten: die von den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet der Inhaber eines lediglich erneuerten Führerscheins fahren möchte, vorgesehenen Regeln dürfen nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des von der Richtlinie 2006/126 verfolgten Ziels, das in der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr besteht, angemessen und erforderlich ist.

Darüber hinaus stellt der EuGH in anderer Rechtssache in seinem Urt. v. 29.4.2021 – Rechtssache C-56/20, fest, dass Vermerke auf dem Führerschein in die ausschließliche Zuständigkeit des Mitgliedstaats fallen, in dem der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Deshalb darf ein anderer Mitgliedstaat auf dem Führerschein, dessen Muster in Form einer Plastikkarte harmonisiert ist, keinen Vermerk über ein Fahrverbot in seinem Gebiet anbringen. Es steht ihm jedoch frei, sich an den Wohnsitzmitgliedstaat zu wenden, damit dieser einen solchen Vermerk anbringt. Außerdem kann der Mitgliedstaat des vorübergehenden Aufenthalts, etwa durch elektronische Abfrage bei einer Verkehrskontrolle in seinem Hoheitsgebiet, überprüfen, ob gegen den Betreffenden ein Fahrverbot für sein Gebiet verhängt wurde. Diese zweite Rechtssache betrifft einen österreichischen Staatsangehörigen, der vor dem VGH Bad.-Württ. die Entscheidung der Stadt Pforzheim anficht, mit der ihm aufgegeben wurde, seinen österreichischen Führerschein vorzulegen, damit darauf ein Vermerk angebracht wird, mit dem dieser für das deutsche Hoheitsgebiet für ungültig erklärt wird. Ihm war nämlich die Fahrerlaubnis für dieses Gebiet entzo...

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