StVG § 7 Abs. 1

Leitsatz

1. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG setzt voraus, dass die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kfz im Zeitpunkt des schadensauslösenden Ereignisses noch gegeben ist oder zumindest noch nachwirkt.

2. Daran fehlt es, wenn ein Kfz, das sich zur Reparatur in einer Werkstatt befindet, durch Selbstentzündung einer Betriebseinrichtung (hier aufgrund eines Kurzschlusses) einen Brandschaden verursacht, sofern dabei nicht eine durch einen vorherigen Betriebsvorgang entstandene Gefahrenlage fort- bzw. nachwirkt (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 26.3.2019 – VI ZR 236/18).

OLG Dresden, Urt. v. 3.9.2019 – 6 U 609/19

Sachverhalt

Der klagende Gebäudeversicherer macht gegenüber der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung eines Lkw aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche geltend. Der versicherte Lkw hatte auf der BAB ein Rad verloren und war deshalb in die Werkstatt verbracht worden, deren Gebäude bei dem Kl. versichert ist. Am Tage nach der Verbringung geriet der Lkw in den Räumen der Werkstatt in Brand. Der Brand griff auf das Gebäude über. Die klagende Gebäudeversicherung erstattete den durch den Brand entstandenen Schaden ihrer Versicherungsnehmerin und machte im Regress den Betrag gegen den beklagten Haftpflichtversicherer geltend. In dem Rechtsstreit holte das angerufene LG ein Gutachten dazu ein, ob ein Kurzschluss der Fahrzeugelektronik die Ursache des Ausbruchs des Brands gewesen sei und ob die Brandursache in keinem Zusammenhang mit den durchgeführten Reparaturarbeiten in der Werkstatt gestanden habe. Das LG verurteilte sodann den Haftpflichtversicherer zur Zahlung von 1 Mio. EUR.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Bekl. die Abänderung des angefochtenen Urteils und führt zur Begründung an, dass das Gutachten nicht geklärt habe, welcher Betriebsvorgang und welche Betriebseinrichtung für das Entstehen des Brandes verantwortlich gewesen seien. Jedenfalls scheide ein übergangsfähiger Ersatzanspruch deshalb aus, weil sich beim Brandausbruch keine Gefahr verwirklicht habe, die von dem versicherten Kfz in seiner Eigenschaft als Verkehrsmittel ausgegangen sei.

Die Berufung hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen:

"…"

[13] Die Berufung ist zulässig und begründet. Zwar bleiben die gegen die Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung des LG geführten Berufungsangriffe ohne Erfolg. In rechtlicher Hinsicht scheidet eine Haftung der Bekl. jedoch aus, weil sich in dem Brandereignis nicht die von § 7 StVG umfasste Betriebsgefahr verwirklicht hat.

[14] 1. Das LG hat ausreichende Feststellungen zum Sachverhalt getroffen. Die durchgeführte Beweisaufnahme sowie die Beweiswürdigung sind nicht zu beanstanden.

[15] a) Anders als die Bekl. vorträgt, hat das LG hinreichend konkrete Feststellungen getroffen, welche Betriebseinrichtung zum Entstehen des Brandes beigetragen hat. Unter Ziffer 3 der Entscheidungsgründe hat das LG ausgeführt, es erachte mit der für ein Urteil erforderlichen Gewissheit gem. § 286 ZPO als erwiesen, dass der Brand am Lkw und nachfolgend am Werkstattgebäude dadurch entstanden sei, dass es im Bereich des Fahrzeugrahmens rechts aus unbekannten Gründen zu einem Defekt an der Fahrzeugelektrik gekommen sei, wodurch ein Kurzschluss aufgetreten sei.

[16] b) Auch mit ihren Angriffen gegen die durchgeführte Beweisaufnahme und die Beweiswürdigung des LG dringt die Bekl. nicht durch.

[17] Der Bekl. ist durch das LG die Möglichkeit eingeräumt worden, sowohl schriftlich als auch mündlich Fragen an den Sachverständigen zu richten, die dieser beantwortet hat. Es bestand kein Anlass, zusätzlich einen Sachverständigen für Fahrzeugtechnik heranzuziehen. Es ist weder ersichtlich noch von der Bekl. konkret vorgetragen, dass einzelne Beweisfragen offen geblieben seien, zu deren Beantwortung es eines solchen weiteren Sachverständigen bedurft hätte.

[18] Das LG hat auch im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen es auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Brand weder von außen an den Lkw herangetragen worden sei, noch eine vorsätzliche Brandstiftung in Betracht komme und überdies die im vorderen linken Rahmenbereich festgestellte Verformung als Ursache eines den Brand herbeiführenden Kabeldefekts ausscheide. Dagegen ist nichts zu erinnern. Gleiches gilt für die durch den Sachverständigen und ihm folgend vom LG herangezogene Methodik, im Rahmen des Ausschlussverfahrens die Brandursache einzugrenzen. Steht damit fest, dass der Brand durch Selbstentzündung einer Betriebseinrichtung des Lkw herbeigeführt wurde, die nicht im Zusammenhang mit den in der Werkstatt bereits begonnenen Reparaturarbeiten steht, kommt es auf eine exakte Feststellung jener Betriebseinrichtung, die sich entzündet hat, rechtlich gar nicht mehr an. Daher begegnet es keinen Bedenken, dass sich das LG darauf beschränkt hat, auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen festzustellen, dass im Bereich des Fahrzeugrahmens rechts infolge eines aus unbekannten Gründen verursachten Defekts an der Fahrzeugelektrik ein Kurzschluss aufget...

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