Hinweis

"Die von meiner Partei an der Unfallstelle abgegebene Erklärung stellt kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Zwar hat sie schriftlich erklärt, dass sie die "Alleinschuld" für das Zustandekommen des Unfalles treffe. Damit liegen aber dennoch nicht die Voraussetzungen für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses meiner Partei vor. Weder würden die Rechtsfolgen eines solchen Anerkenntnisses der Interessenlage der Beteiligten, noch dem mit der Erklärung erkennbar verfolgten Zweck und der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses entsprechen. Die Erklärung kann allenfalls als Schuldbekenntnis gewertet werden (BGH NJW 1984, 799). In jedem Fall sind die Schadensersatzansprüche meiner Partei damit nicht ausgeschlossen. Ihr steht weiterhin der Nachweis der Unrichtigkeit des Anerkannten offen."

 

Erläuterung:

Nach einem Unfall sind die Beteiligten mit der Situation häufig überfordert. Trotzdem werden vor Ort alle möglichen Erklärungen abgegeben, die in einer normalen Situation und nach reiflichen Überlegungen sicher nicht geäußert worden wären.

Besonders häufig kommt es vor, dass eine Partei eine Erklärung des Inhaltes abgibt, dass sie die "Alleinschuld" am Zustandekommen des Unfalles trägt. Der Hintergrund hierfür mag gelegentlich das forsche Auftreten des Unfallgegners sein. Häufig ist aber Beweggrund hierfür, dass das Hinzuziehen der Polizei vermieden werden soll. Da es dann in der Regel nicht zu einer Spurensicherung kommt, kann das Unfallgeschehen im Nachhinein möglicherweise nicht mehr aufgeklärt werden. In solchen Fällen kann der Erklärung eine gewisse Bedeutung zukommen.

Kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, wird regelmäßig darüber gestritten, wie die Erklärung der "Alleinschuld" rechtlich zu bewerten ist.

Zwar kann eine solche Erklärung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet werden. Allerdings setzt dies voraus, dass diese Rechtsfolge der Interessenlage der Beteiligten, dem mit der Erklärung erkennbar verfolgten Zweck und der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses entsprechen. Eine generelle Vermutung hierfür gibt es aber nicht. Eine Wertung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis kommt allerdings in Betracht, wenn zuvor Streit über einzelne rechtlich erhebliche Punkte geherrscht hat. Ein solcher Streit an der Unfallstelle ist zwar grundsätzlich denkbar. Häufig werden Erklärungen diesen Inhalts aber ohne vorherige Diskussion abgegeben. Die Parteien des Unfalles streiten vor Ort kaum differenziert über Haftungsfragen. In diesem Fall scheidet die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses aus.

Hinzu kommt, dass einer solchen Erklärung der rechtsgeschäftliche Charakter fehlt. Denn es wird zwar ein Rechtsbegriff verwendet. Allerdings erfolgt die Verwendung durch einen juristischen Laien, der sich damit sicherlich nicht jedweder Ansprüche begeben möchte.

Es ist allerdings denkbar, die Erklärung der Alleinschuld zumindest als Schuldbekenntnis anzusehen. Geschieht dies etwa zu dem Zweck, die Polizei nicht hinzuziehen, kann der Erklärende im späteren Schadensersatzprozess verpflichtet sein, zunächst die Unrichtigkeit des Anerkannten beweisen zu müssen. Denn hat die Erklärung dazu geführt, dass die Polizei nicht herbeigerufen worden und somit eine Spurensicherung unterblieben ist, hat sich der Erklärungsempfänger im Vertrauen auf die Richtigkeit der Erklärung einer Möglichkeit der Sicherung von Beweisen begeben. Der Erklärungsempfänger kann dann zunächst auf die Richtigkeit der Erklärung vertrauen. Dies ist ein Äquivalent dafür, dass der Erklärungsempfänger von der Wahrnehmung seiner Aufklärungsmöglichkeiten absieht. Gelingt dem Erklärenden dann aber der Nachweis der Unrichtigkeit des Anerkannten, spielt die Erklärung keine Rolle mehr.

Autor: Martin Diebold

RA Martin Diebold, FA für Verkehrsrecht, Tübingen

zfs 6/2020, S. 303

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