[4] "I. Das BG verneint eine Haftung des Bekl. zu 2, weil dieser wegen Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte nach § 106 Abs. 3, Alt. 3. SGB VII in Verbindung mit §§ 104, 105 SGB VII haftungsprivilegiert sei. Es meint, im vorliegenden Fall liege eine gemeinsame Betriebsstätte vor, weil die Tätigkeiten des Bekl. zu 2 und des Zeugen B nicht beziehungslos nebeneinander gestanden hätten und ihr Zusammentreffen auch nicht rein zufällig gewesen sei. Der Bekl. zu 2 sei vielmehr auf die Mitwirkung des Zeugen B bei der Überprüfung – wenn auch nur im Rahmen der Vor- und Nachbereitung – angewiesen gewesen, denn die Zeugen B und H hätten die Kältezentrale aufgeschlossen und die Mitarbeiter der Bekl. zu 1 eingelassen sowie die Abschaltung der Anlage durch einen Anruf in der Leitzentrale veranlasst. Im Übrigen habe die Anwesenheit des Zeugen B. allein schon wegen der räumlichen Nähe der Verrichtungen der Beteiligten dazu geführt, dass es wechselseitig zu Verletzungen habe kommen können und mithin eine Gefahrengemeinschaft bestanden habe. Da zugunsten des Bekl. zu 2 als potenziellem Erstschädiger die Haftung mithin ausgeschlossen sei, komme nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs auch eine Haftung der Bekl. zu 1 für den dem Zeugen B entstandenen Personenschaden nicht in Betracht. Ein eigener haftungsbegründender Pflichtenverstoß der Bekl. zu 1 sei daneben nicht ersichtlich. Ein solcher sei insb. nicht darin zu sehen, dass diese den Bekl. zu 2 als Nicht-Sachkundigen i.S.v. § 32 Druckbehälterverordnung mit der Überprüfung betraut habe. Denn bei dem überprüften Ausdehnungsgefäß habe es sich nicht um einen Druckbehälter gehandelt, der nach der Druckbehälterverordnung einer wiederkehrenden Überprüfung durch einen Sachkundigen unterliege. Eine entsprechende Verpflichtung ergebe sich auch nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrag v. 18.10.2002. Der Auftrag sei zwar mit “Sachkundigenprüfung der Heizungsausdehnungsgefäße’ überschrieben und habe unter anderem eine Überprüfung laut Druckbehälterverordnung vorgesehen. Der Leistungsbeschreibung könne jedoch ein Wille der vertragsschließenden Parteien nicht entnommen werden, dass auch Ausdehnungsgefäße, für welche die Druckbehälterverordnung eine Sachkundigen-Prüfung nicht vorschreibe, durch einen Sachkundigen zu überprüfen gewesen seien."

[5] II. Die Beurteilung des BG hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

[6] Entgegen der Auffassung des BG liegt eine vorübergehende betriebliche Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs. 3 SGB VII, die eine Haftungsprivilegierung nach §§ 104, 105 SGB VII rechtfertigen könnte, nicht vor.

[7] 1. Nach der gefestigten Rspr. des erkennenden Senats erfasst der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt. Erforderlich ist ein bewusstes Miteinander im Betriebsablauf, das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt. Die Tätigkeit der Mitwirkenden muss im faktischen Miteinander der Beteiligten aufeinander bezogen, miteinander verknüpft oder auf gegenseitige Ergänzung oder Unterstützung ausgerichtet sein (vgl. Senatsurt. v. 17.10.2000 – VI ZR 67/00, BGHZ 145, 331, 336; v. 24.6.2003 – VI ZR 434/01, BGHZ 155, 205, 207 f.; v. 16.12.2003 – VI ZR 103/03, BGHZ 157, 213, 216 f. und v. 17.6.2008 – VI ZR 257/06, BGHZ 177, 97 Rn 19 m.w.N.). § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII ist nicht schon dann anwendbar, wenn Versicherte zweier Unternehmen auf derselben Betriebsstätte aufeinander treffen. Eine “gemeinsame’ Betriebsstätte ist nach allgemeinem Verständnis mehr als “dieselbe’ Betriebsstätte; das bloße Zusammentreffen von Risikosphären mehrerer Unternehmen erfüllt den Tatbestand der Norm nicht. Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung. Erforderlich ist vielmehr eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation, die eine Bewertung als “gemeinsame’ Betriebsstätte rechtfertigt (vgl. Senatsurt. v. 23.1.2001 – VI ZR 70/00, VersR 2001, 372, 373; v. 14.9.2004 – VI ZR 32/04, VersR 2004, 1604 f. und v. 8.6.2010 – VI ZR 147/09, VersR 2010, 1190 f.).

[8] 2. Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des BG, durch das bloße Aufschließen der Kühlzentrale durch die Mitarbeiter der Kl., die telefonische Verständigung der Leitzentrale zum Abschalten der Anlage und die schlichte räumliche Nähe des Zeugen B zum Explosionsherd sei von einer gemeinsamen Betriebsstätte auszugehen, rechtsfehlerhaft.

[9] a) Die Tätigkeit der beiden Mitarbeiter der Kl. hatte lediglich vorbereitende Funktion für die Überprüfung der Druckbehälter durch den B...

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