Aus den Gründen: [7] „II. 1. Die Feststellung des BG, der verschwiegene Kuraufenthalt des Klägers stelle einen gefahrerheblichen Umstand dar, beruht nicht auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.

[8] a) Nach dem vegetativen Erschöpfungssyndrom, das (auch) Anlass für den Kuraufenthalt war, war der Kläger bereits durch die auch für ihn erkennbar weit gefasste Frage zu Ziff. 2c der “Erklärungen vor dem Arzt’ nach Gesundheitsstörungen gefragt. Unmittelbar auf den Kuraufenthalt zielte die ausdrückliche Frage zu Ziff. 12b nach Heilstättenbehandlungen und Kuren. Dem verschwiegenen Umstand der dreiwöchigen Kur und der zu Grunde liegenden Diagnose kommt daher die Vermutung der Gefahrerheblichkeit zu (§ 16 Abs. 1 S. 3 VVG a.F.). Zwar kann der Versicherungsnehmer, dem hinsichtlich der fehlenden Erheblichkeit erfragter Umstände die Darlegungs- und Beweislast obliegt, dieser nach der Rspr. des BGH zunächst allein dadurch genügen, dass er die Gefahrerheblichkeit pauschal bestreitet (Senat VersR 2000, 1486 unter 1b bb). Der Versicherer muss aber seinerseits seine Grundsätze der Risikoprüfung nur dann substantiiert darlegen, wenn die Gefahrerheblichkeit nicht ohnehin auf der Hand liegt. Der Versicherer ist also nur dann gehalten, seine Risikoprüfungsgrundsätze offen zu legen, wenn es sich um eine Gesundheitsstörung handelt, die offenkundig als leicht einzuordnen, nicht wiederholt aufgetreten ist und deshalb von vornherein keinen Anhalt dafür bietet, dass sie für die Risikoeinschätzung des Versicherers hinsichtlich des auf Dauer angelegten Versicherungsvertrages von Bedeutung sein könnte ( … ).

[9] b) Danach liegt, anders als die Revision meint, die Gefahrerheblichkeit des dreiwöchigen Kuraufenthalts wegen eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes hier auf der Hand. Zwar hat das BG nicht erörtert, ob Gefahrerheblichkeit nicht nur unter dem Gesichtspunkt der vom Kläger genommenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bestand, sondern auch im Hinblick auf die Kapitallebensversicherung. Nach den dazu vom BG getroffenen Feststellungen ist jedoch die Gefahrerheblichkeit für den Versicherungsvertrag insgesamt zu bejahen. Schon die wegen eines Erschöpfungssyndroms absolvierte dreiwöchige Kur in einer Rehabilitationseinrichtung ist – vor dem Hintergrund der weiteren, unstreitig vorhandenen gesundheitlichen Störungen – bei einem berufstätigen, erst 54 Jahre alten Arbeitnehmer ersichtlich für die Übernahme beider Gefahren erheblich. Die gesundheitliche Beeinträchtigung bestand nach den Feststellungen des BG bereits seit Anfang Februar 2001. Danach handelte es sich um einen länger andauernden krankhaften Zustand, der auch von funktionellen körperlichen Störungen und Beschwerden begleitet wurde, wobei das Beschwerdebild in psychischer und physischer Hinsicht unstreitig seine Ursache in der hohen beruflichen Belastung des Klägers hatte. Das Vorliegen einer leichten, nicht wiederholt auftretenden und deshalb für die Risikoprüfung von vornherein bedeutungslosen Störung ist daher zu verneinen.

[10] 2. Bei der Beurteilung, ob es dem Versicherer obliegt, zu seinen Risikoprüfungsgrundsätzen vorzutragen oder ob von einer auf der Hand liegenden Gefahrerheblichkeit des verschwiegenen Umstandes auszugehen ist, kommt es weder auf die Einschätzung des den Versicherungsnehmer damals behandelnden Arztes noch etwa darauf an, ob ein Sachverständiger die von diesem seinerzeit gestellte Diagnose als auf einem bloßen Verdacht beruhend bezeichnen würde. Die Beurteilung der vom Versicherungsnehmer anzuzeigenden Umstände ist allein Sache des Versicherers. Demgemäß sind bei der Frage, ob Gefahrerheblichkeit auf der Hand liegt, die anzugebenden Umstände so zu Grunde zu legen, wie sie dem Versicherer anzuzeigen waren. Auf eine nachträgliche ärztliche Bewertung dieser Umstände kommt es nicht an (Senat VersR 2000, 1486 unter 1b bb). Drängt sich danach auf, dass die verschwiegenen Umstände für einen Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherer bei der Entscheidung über das Ob und Wie des Vertragsschlusses von Bedeutung sind, liegt die Gefahrerheblichkeit auf der Hand. Davon konnte das BG im vorliegenden Fall ohne Rechtsfehler ausgehen.

[11] 3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Auffassung des BG, es könne den Kläger nicht entlasten, den Kuraufenthalt und die zu Grunde liegende Diagnose bei Abgabe der “Erklärungen vor dem Arzt’ vergessen zu haben. Zwar setzt die Anzeigeobliegenheit gem. § 16 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. positive Kenntnis von einem gefahrerheblichen Umstand voraus. Danach verletzt ein Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nicht, wenn er einen Umstand nicht angibt, der ihm auf Grund von Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist (Senat VersR 1984, 884 unter I 3; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., §§ 16, 17 Rn 20 m.w.N.). Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des BG war dem Kläger die Anlassdiagnose für den Kuraufenthalt aber bekannt. Demgegenüber kann er sich nicht darauf berufen, einen Umstand vergessen zu haben, ...

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