“… Dem Kläger steht aus der Fahrzeugvollversicherung ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 12.600,78 EUR nebst Zinsen zu. Im Einzelnen:

1.) Der Versicherungsnehmer hat für das Vorliegen eines in der Fahrzeugteilversicherung versicherten Wildunfalls den vollen Beweis nach § 286 ZPO zu erbringen. Im Falle eines Entschädigungsanspruchs wegen eines Zusammenstoßes mit Haarwild (§§ 12 Nr. 1 I d AKB, 2 Abs. 1 BJagdG) hat der Versicherungsnehmer nachzuweisen, dass es zu einer Berührung zwischen dem Kraftfahrzeug und dem Haarwild gekommen ist. Der Umstand muss auch für den eingetretenen Schaden ursächlich sein (vgl. BGH, r+s 1992, 82; OLG Köln, r + s 2005, 457). Ist zwischen den Parteien – wie vorliegend – unstreitig, dass sich (jedenfalls) ein unter die Fahrzeugvollversicherung (§ 12 Abs. 1 Teil II f AKB) fallender Unfall ereignet hat und stellt der Versicherer – entgegen den Angaben des Versicherungsnehmer – in Abrede, dass ein Wildunfall vorliegt, so kann der Versicherer nach allgemeinen Grundsätzen wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nur dann leistungsfrei (§ 7 I Abs. 2, V Abs. 2 AKB uniVersa, § 6 Abs. 3 VVG) werden, wenn er- ebenfalls mit dem Beweismaßstab des § 286 ZPO – beweist, dass sich ein Wildunfall nicht ereignet hat (und der Versicherungsnehmer – vermutet vorsätzlich – falsche Angaben gemacht hat).

2.) Nach dem Ergebnis der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme und Anhörung des Klägers steht weder zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass eine Kollision mit einem Reh stattgefunden hat, noch dass eine Kollision mit einem Reh nicht stattgefunden hat. Dieses non liquet geht in Bezug auf die Fahrzeugteilversicherung zu Lasten des Klägers, sodass ihm ein solcher Anspruch nicht zusteht. In der Fahrzeugvollversicherung geht das non liquet zu Lasten der Beklagten, sodass sie nicht leistungsfrei geworden ist und dem Kläger der geltend gemachte Anspruch – weil sich ein in der Fahrzeugvollversicherung versicherter Unfall unstreitig ereignet hat – dem Grunde nach zusteht.

a) Für einen Zusammenstoß mit einem Reh sprechen die polizeiliche Unfallmitteilung in der es heißt: “Wildunfall, Haaranhaftung erkennbar und Blutspuren, JAB erhielt Kenntnis’ und die Aussagen der Zeugen W und E in erster und zweiter Instanz. …

b) Gegen einen Zusammenstoß mit einem Reh spricht die Aussage des Zeugen V. Dieser hat sich am nächsten morgen die Unfallörtlichkeit angesehen und keine Wildspuren (Fuß- oder Blutspuren) festgestellt. Auch sein Hund habe keine Spuren angezeigt. Allerdings hat der Zeuge eingeräumt, dass er einen Zusammenstoß auch nicht zu 100 % ausschließen kann. …

c) Weder gegen noch für einen Zusammenstoß sprechen der Inhalt des wildbiologischen Gutachtens vom 31.3.2006 und die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen J. Zwar folgt aus dem wildbiologischen Gutachten, dass die vom Zeugen Unterlechner genommenen Proben nicht von einem Tier stammten. Im Hinblick auf den unstreitigen Umstand, dass der Zeuge U die Proben erst rund eine Woche nach dem Unfall genommen hat und der Wagen während dieser Zeit im Freien gestanden hat, kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Proben um die Haare bzw. Flüssigkeit gehandelt hat, die die Zeugen E und W wahrgenommen haben. Nach den Ausführungen des Sachverständigen J ist die vom Kläger im Senatstermin abgegebene Schilderung des Unfallhergangs aus technischer Sicht nachvollziehbar. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren sei. … “

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