“ … II. Das Rechtsmittel ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die vom AG getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen §§ 142 StGB, 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG nicht.

1. Sowohl unerlaubtes Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB als auch Fahren ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG setzen voraus, dass die Tat im öffentlichen Straßenverkehr begangen worden ist (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., 2008, § 142 Rn 8 i.V.m. § 315b StGB Rn 3; Burhoff, in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 4. Aufl., 2008, Teil 6 Rn 281 ff. mit weiteren Nachweisen; s.a. Krumm, VRR 2007, 128). Nach ständiger Rspr. ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (vgl. BGHSt 16, 7, 9 f.; BGH VRS 12, 414, 415 f.; BGHR StGB § 315b Abs. 1 Straßenverkehr 1; vgl. Fischer, a.a.O., § 315b Rn 3 mit weiteren Nachweisen; Burhoff, a.a.O., Teil 6 Rn 98; s.a. noch Deutscher, VRR 2005, 83). Umfasst werden demnach nicht nur Verkehrsflächen, die nach dem Wegerecht des Bundes und der Länder dem allgemeinen Straßenverkehr gewidmet sind, sondern auch solche, deren Benutzung durch eine nach allgemeinen Merkmalen bestimmte größere Personengruppe ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund oder auf eine verwaltungsrechtliche Widmung durch den Berechtigten ausdrücklich oder faktisch zugelassen wird. Dabei nimmt es der Verkehrsfläche nicht den Charakter der Öffentlichkeit, wenn für die Zufahrt mit Fahrzeugen eine Parkerlaubnis oder für die Nutzung ein Entgelt verlangt wird (BGH NJW 2004, 1965 = DAR 2004, 399 m.w.N.; s. auch BGH DAR 2004, 529 = NStZ 2004, 625). Für die Beurteilung, ob eine Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist, kommt den äußeren Gegebenheiten, die einen Rückschluss auf das Vorhandensein und den Umfang der Gestattung bzw. Duldung des allgemeinen Verkehrs durch den Verfügungsberechtigten zulassen, maßgebliche Bedeutung zu (BGH, a.a.O.; vgl. wegen der Einzelh. Burhoff, a.a.O., Teil 6, Rn 91 ff. m.w.N). Die Frage der Eigentumsverhältnisse ist ohne Belang (Fischer, a.a.O., § 142 Rn 9 ff.). Entscheidend ist, wie eng der Kreis der Berechtigten umschrieben ist. So kann sich etwa aus einer entsprechenden Beschilderung als "Privat-/Werksgelände", einer Einfriedung des Geländes und einer Zugangsbeschränkung in Gestalt einer Einlasskontrolle ergeben, dass der Verfügungsberechtigte die Allgemeinheit von der Benutzung des Geländes ausschließt. Wenn auf Grund solcher Maßnahmen nur einem beschränkten Personenkreis, wie z.B. Betriebsangehörigen (vgl. OLG Braunschweig VRS 27, 458 [Parkplatz einer Fabrik]), mit einem besonderen Ausweis ausgestatteten Personen (vgl. BGH NJW 1963, 152 [städtischer Großmarkt]) oder individuell zugelassenen Lieferanten und Abholern (vgl. OLG Köln, VersR 2002, 1117 [Produktionsstätte für Baustoffe]) Zutritt zu einem (Betriebs-)Gelände gewährt wird, handelt es sich um eine nicht öffentliche Verkehrsfläche. In diesen Fällen ist der Kreis der Berechtigten so eng umschrieben, dass er "deutlich aus einer unbestimmten Vielheit möglicher Benutzer ausgesondert ist" (vgl. BGHSt 16, 7, 11). Ist dagegen ein Betriebsgelände der Allgemeinheit, d.h. einem nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbundenen Personenkreis, zugänglich, sind die darauf befindlichen Verkehrsflächen öffentlicher Verkehrsraum i.S.d. Straßenverkehrsrechts des StGB.

Diese Überlegungen gelten nach Auffassung des Senats für den privaten Bereich und die Benutzung privater Gelände entsprechend. Auch insoweit kommt es darauf an, ob der Bereich, in dem sich die Tat ereignet haben soll, der Allgemeinheit zugänglich ist, d.h. ob er von einem zufälligen Personenkreis genutzt werden kann. Nur, wenn diese Frage zu bejahen ist, handelt es sich um einen "öffentlichen" Verkehrsraum, anderenfalls ist das nicht der Fall (BGH NJW 2004, 1965; DAR 2004, 529).

Auf der Grundlage dieser Vorgaben lässt sich dem tatrichterlichen Urteil vorliegend nicht sicher entnehmen, ob es sich um "öffentlichen Straßenverkehr" gehandelt hat. Das AG hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen bzw. Folgendes ausgeführt:

"Der Angeklagte rangierte am 20.1.2006 gegen 07.15 Uhr mit dem Pkw BMW, welcher ihm nicht gehörte, auf dem Hof des Hauses … in Bochum herum, bis er gegen den dort geparkten Pkw Daimler Chrysler des Zeugen R. stieß. Dabei entstand an dem Pkw des Zeugen R. ein Sachschaden in Höhe von rund 1.400 EUR. Nach dem Zusammenstoß, den er sehr wohl bemerkt hatte, blieb der Angeklagte mit dem Pkw BMW ca. 20 – 30 cm hinter dem Pkw Daimler Chrysler stehen, verließ das Fahrzeug und ging ins Haus Brandwacht 70, in welchem er seinerzeit wohnte. Kurz darauf stritt er wahrheitswidrig ab, den Unfall verursacht zu haben, d.h. der Fahrer gewesen zu sein, als der Zeuge R., der sich zunä...

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