[Inhalt der eine Beitragserhöhung maßgeblichen Gründe]

[15] 1. Das BG hat den erforderlichen Inhalt der nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden maßgeblichen Gründe zutreffend bestimmt. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urt. v. 16.12 2020 (BGHZ 228, 56) entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der VR nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben (…).

[16] 2. Das BG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die von der Bekl. mitgeteilten Gründe für die Prämienerhöhung zum 1.4.2015 diese Voraussetzungen einer nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Mitteilung nicht erfüllen. Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden (BGHZ 228, 56 Rn 38). Revisionsrechtlich relevante Fehler sind hier nicht zu erkennen.

[17] Nach der im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung des BG konnte ein VN der Mitteilung nicht entnehmen, welche Rechnungsgrundlage sich konkret verändert habe. Das BG hat diesem Schreiben nur Gründe der Beitragserhöhung wie den medizinischen Fortschritt und die damit verbesserten Behandlungsverfahren entnommen. Seine Annahme, es fehle an einer Bezugnahme auf die konkret betroffenen Tarife und die Angabe, dass eine Veränderung der Versicherungsleistungen den im Gesetz oder den in den Versicherungsbedingungen festgelegten Schwellenwert überschritten habe, ist nicht zu beanstanden. Für dieses Ergebnis kam es nicht darauf an, ob das BG – insoweit ggf. abweichend von den zuvor zutreffend bestimmten Anforderungen an die Begründung einer Prämienanpassung – darüber hinaus auch das Fehlen der Angabe beanstandet hat, ob der gesetzliche oder ein in den Versicherungsbedingungen festgelegter Schwellenwert überschritten wurde.

[18] Soweit das BG eine Bezugnahme auf die konkreten Tariferhöhungen vermisst hat, bezieht sich dies auf die Überschreitung einer bestimmten Rechnungsgrundlage im festgelegten Umfang als Voraussetzung der Prämienanpassung, und nicht auf die Frage, in welchem Tarif die Bekl. eine Prämienanpassung vorgenommen hat. Entgegen der Ansicht der Revision ist es daher nicht zu beanstanden, dass das BG auch den beigefügten Nachtrag zum Versicherungsschein, in dem für jeden Tarif die jeweilige Prämienerhöhung aufgeführt war, nicht als ausreichende Mitteilung angesehen hat.

[Kein Hinweis auf die Richtung der Änderung der Rechnungsgrundlage]

[19] Zu Unrecht hat das BG dagegen angenommen, die Mitteilung der Prämienanpassung zum 1.4.2015 führe zudem wegen einer Irreführung des VN zur formellen Unwirksamkeit der Prämienerhöhung.

Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urt. v. 17.11.2021 (BGHZ 232, 31) entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist ein Hinweis des VR darauf, in welche Richtung sich die maßgebliche Rechnungsgrundlage verändert hat, nicht zur Information des VN erforderlich (…). Da das BG dies aber nur als weiteren Grund für die Annahme einer unzureichenden Mitteilung der maßgeblichen Gründe angeführt hat, verbleibt es bei der Feststellung der formellen Unwirksamkeit der Prämienerhöhung.

[Heilung ex nunc]

[20] 3. Ebenfalls zu Recht hat das BG angenommen, dass die in der am 24.9.2019 zugestellten Klageerwiderung nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassungen nur zu einer Heilung ex nunc führen (vgl. BGHZ 228, 56 Rn 42; BGHZ 220, 297 Rn 66). Es hat dem Kl. daher zutreffend die auf die Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteile für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis zum – wie beantragt – 30.6.2019 in Höhe von 8.630,61 EUR zugesprochen (38,14 EUR × 42 Monate + 129,90 EUR × 39 Monate + 72,69 EUR × 27 Monate). Soweit es dabei die formelle Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen zum 1.4.2016 und 1.4.2017 zugrunde gelegt hat, wird dies von der Revision zu Recht nicht angegriffen.

[21] Das BG ist auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch des Kl. aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Erhöhungsbeträge, die er ohne wirksame Prämienanpassungserklärung gezahlt hat, der Höhe nach uneingeschränkt umfasst. Die Höhe des Rückzahlungsanspruchs wird von der Revision zu Recht nicht angegriffen.

[Veränderung unterhalb des Schwellenwerts]

[22] 4. Zu Unrecht hat das BG dagegen die Prämienanpassung im Tarif B zum 1.4. 2015 über die formelle Unwirksamkeit hinaus mit der Begründung für endgültig unwirksam gehalten, dass es für diese Erhöhung an einer wirksamen Prämienanpassungsklausel fehle.

[23] a) Bei der genannten Prämienanpassung lag die Veränderung der Versicherungsleistungen unterhalb des gesetzlich vorgesehenen Schwellenwerts...

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