"Sowohl die sofortige Beschwerde der Bekl. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Neuruppin v. 12.5.2020 wie auch die Anschlussbeschwerde des Kl. sind zulässig. Nur die sofortige Beschwerde der Bekl. hat allerdings in der Sache Erfolg, hingegen war die Anschlussbeschwerde des Kl. als unbegründet zurückzuweisen."

I. Die sofortige Beschwerde der Bekl. ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Zu Recht wendet sich die Bekl. dagegen, dass das LG die mit Kostenfestsetzungsantrag vom 26.3.2020 mit beantragte Einigungsgebühr nach §§ 2, 13 Abs. 1 RVG i.V.m. Nrn 1003, 100 VV RVG nicht festgesetzt hat.

Der Begründung des LG, die beantragte Einigungsgebühr könne nicht festgesetzt werden, weil es an einer Kostengrundentscheidung fehle, ist nicht zu folgen. Vielmehr stellt der Beschl. des LG Neuruppin v. 1.4.2020, nach dem der Kl. die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, die maßgebliche Kostenentscheidung dar. Dieser Titel sagt aus, wer die Verfahrenskosten zu tragen hat, während die Höhe der zu erstattenden Kosten nach Maßgabe der Vorgaben der VV RVG im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff ZPO ermittelt und festgesetzt werden (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, §§ 103, 104 ZPO Rn 1).

Entgegen der Ansicht des Kl. kann die Bekl. auch die Erstattung einer Einigungsgebühr nach VV RVG 1000 verlangen. Diese Gebühr entsteht nach VV RVG 1000 Abs. 1 Nr. 1 u.a. für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Diese Voraussetzungen sind bereits nach dem Vortrag des Kl. erfüllt, denn er macht geltend, dass die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits eine Einigung über die Rücknahme der Klage und die dafür seitens der Bekl. zu erbringende Gegenleistung getroffen haben. Mit dieser Regelung haben die Parteien den Streit über die Passivlegitimation der Bekl. und eine mögliche Verjährung eines Teils der geltend gemachten Forderungen beseitigt. Das hat auch die Bekl. im Kern so vorgetragen. Dass die Parteien nunmehr über den Umfang der Einigung streiten, steht der Entstehung der Einigungsgebühr nicht entgegen, denn dieser Dissens betrifft nur einen Teil der Abrede, nämlich betreffend der an die Bekl. zu erstattenden gerichtlichen Kosten. Hingegen tragen die Parteien übereinstimmend vor, Konsens über die Rücknahme der Klage und die Erstattung der dem Kl. entstandenen vorgerichtlichen Kosten durch die Bekl. erzielt zu haben. Es liegt mithin zumindest eine Teileinigung vor, die die Geltendmachung der Einigungsgebühr rechtfertigt.

Der Geltendmachung der Einigungsgebühr steht entgegen der Ansicht des Kl. auch nicht entgegen, dass sich die Beklagte verpflichtet hätte, ausschließlich eine Verfahrensgebühr zur Festsetzung anzumelden, wenn er, der Kläger, die Klage zurücknimmt. Die Beklagte ist diesem Vortrag substantiiert entgegengetreten, indem sie den E-Mail-Verkehr der beteiligten Prozessbevollmächtigten vom 24. und 25.3.2020 wörtlich zitiert hat. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte die Frage nach einem Verzicht auf einen Kostenantrag nach Klagerücknahme abschlägig beschieden hat. Dass der Kläger danach noch einen Vorschlag unterbreitet hätte, dass nur die Verfahrensgebühr abgerechnet wird (und die Beklagte dem zugestimmt hat), bevor noch am selben Tag Rücknahme der Klage erklärt worden ist, ergibt sich aus dem dargestellten Kommunikationsverlauf nicht und ist seitens des Kl. entgegen § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO auch nicht glaubhaft gemacht. Die Erwiderung seines Prozessbevollmächtigten auf den Kostenfestsetzungsantrag der Bekl. v. 26.3.2020 genügt dafür nicht.

II. Die Anschlussbeschwerde des Kl., mit der er sich gegen die Festsetzung der Terminsgebühr wendet, ist entgegen der Ansicht des LG ebenfalls zulässig, denn für dieses unselbstständige Rechtsmittel gilt die Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht.

Sie ist aber unbegründet, nachdem der Kl., wie aufgezeigt, auch auf den substantiierten Vortrag der Bekl. nicht glaubhaft gemacht hat (§§ 104 Abs. 2 S. 1, 294 ZPO), dass die Parteien eine Einigung dahin erzielt hätten, dass die Bekl. im Fall der Klagerücknahme durch den Kl. nur eine Verfahrensgebühr zur Kostenfestsetzung anmeldet … .“

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