VVG a.F. § 67

Vereinbart der Mieter eines Kraftfahrzeugs mit dem Vermieter gegen Entgelt eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung, so findet die Rspr. zum Quotenvorrecht entsprechende Anwendung.

BGH, Urt. v. 25.11.2009 – XII ZR 211/08

Die Parteien streiten darüber, ob und in welcher Höhe der Mieter eines Pkw, der eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung vereinbart hat, nach einem Unfall Schadenskosten zu tragen hat, wenn Ansprüche gegen einen Dritten bestehen.

Mit Vertrag vom 19.6.2006 mietete die Beklagte bei der Klägerin, einem gewerblichen Autovermietungsunternehmen, einen Pkw.

§ 10 der allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin lautet:

“a) Bei Unfallschäden … haftet der Mieter für Reparaturkosten … , sofern er oder der Fahrer den Schaden zu vertreten hat. …

b) Wird eine Haftungsbefreiung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgeltes vereinbart, stellt E den Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung mit nachfolgender Selbstbeteiligung für Schäden am Mietfahrzeug frei. … ”

Die Parteien vereinbarten eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung, wobei streitig ist, ob diese 1.500 EUR oder 750 EUR beträgt. Am 24.6.2006 wurde das Mietfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Der Schaden am Fahrzeug betrug 4.277,56 EUR (4.158,51 EUR Reparaturkosten, 25 EUR Nebenkosten sowie 94,05 EUR Gutachterkosten). Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners akzeptierte eine Mithaftung ihrer Versicherungsnehmerin in Höhe von 40 % und zahlte an die Klägerin 1.711,02 EUR. Die Klägerin hat von der Beklagten unter Berufung auf deren Pflicht zur Selbstbeteiligung – vorläufig – 900 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Das AG hat die Klage abgewiesen. Das LG hat die Beklagte lediglich zur Zahlung von 15 EUR nebst Zinsen verurteilt und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom LG zugelassenen Revision.

Aus den Gründen:

[5] “Die Revision bleibt ohne Erfolg.

[6] 1. Das LG war der Auffassung die Beklagte sei auf Grund der Vertragsbedingungen dem Grundsatz nach so zu stellen, wie sie bei Abschluss einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung stünde. Aus Sicht des Kunden ergebe sich aus den Vertragsbedingungen zumindest nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass er sich auf Grund der Doppelrolle der Klägerin als Vermieterin und Kaskoversicherer schlechter stehe als im Falle einer Kaskofremdversicherung. Die Formulierung erwecke eher den Eindruck eines Rechtsverhältnisses, das dem Kunden grundsätzlich dieselben Vorteile gewähren solle wie eine Vollkaskoversicherung.

[7] Es gelte deshalb das Quotenvorrecht, das zu den grundsätzlichen Vorteilen der Vollkaskoversicherung zähle und seine Rechtfertigung in der Prämienzahlung des Versicherungsnehmers finde. Wie die Vollkaskoversicherung den Übergang einer Schadensersatzforderung gegen den Dritten nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend machen dürfe, bestehe für die Klägerin daher analog nicht das Recht, den Gesamtschuldnerausgleichsanspruch des Kunden gegen den für den Schaden mitverantwortlichen Dritten zu beschädigen, indem sie den Dritten auf Schadensersatz in Anspruch nehme, ohne dessen Leistung den Kunden gutzuschreiben. Deshalb sei die Klage im Wesentlichen unschlüssig. Die Beklagte stünde nämlich bei Bejahung einer Klageforderung ungünstiger als ein Vollkaskoversicherungsnehmer in vergleichbarer Lage.

[8] Als vollkaskoversicherte Kundin erhielte die Beklagte 4.252,56 EUR (4.158,51 EUR Reparaturkosten und 94,05 EUR Gutachterkosten) abzüglich 1.500 EUR Selbstbeteiligung, somit 2.752,56 EUR. Soweit sie von ihrer Versicherung keinen Ersatz bekäme, also für einen (kongruenten) Schaden von 1.500 EUR sowie für (inkongruente) 25 EUR Nebenkosten, könnte sie den Unfallgegner in Anspruch nehmen, soweit dessen Haftung für den Gesamtschaden reiche. Bei einer Haftung des Gegners zu 40 % und weil 1.500 EUR weniger als 40 % des Gesamtschadens betrage, erhielte die Beklagte daher Ersatz in voller Höhe des kongruenten Schadens. Der inkongruente Schaden von 25 EUR sei ihr allerdings vom Unfallgegner zu 40 % erstattet worden.

[9] Da die Klägerin an die Stelle der Vollkaskoversicherung trete, müsse sie sich so stellen lassen, wie sie als Vollkaskoversicherer stünde. Als solcher wäre die Klägerin gehindert gewesen, den Unfallgegner selbst auf Schadensersatz in Höhe von 1.500 EUR in Anspruch zu nehmen. Den Vorrang bei der Inanspruchnahme des Gegners habe vielmehr der Versicherungsnehmer.

[10] Dass die Klägerin den gem. §§ 426 Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB bestehenden internen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch der Beklagten durch Einziehung ihrer Schadensersatzforderung beim Unfallgegner in Höhe von 1.500 EUR zum Erlöschen gebracht habe, sei zwar nicht zu missbilligen, da die Beklagte hiermit einverstanden gewesen sei. Es handele sich aber wirtschaftlich um eine Leistung der Beklagten, die als ihre Leistung an die Klägerin aufzufassen sei, um die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Rechtsstellung der Beklagten mit einem Vollkaskoversicherungsnehme...

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