Das Nachvollziehen eines psychiatrisch/psychologischen Gutachtens bereitet erfahrungsgemäß weit mehr Schwierigkeiten als das eines Unfallrekonstruktions- oder "gewöhnlichen" medizinischen Gutachtens. Die verwendeten Fachbegriffe sind oft völlig unbekannt. Zudem herrscht bei Juristen gerade gegenüber der Psychologie oft eine zurückhaltende Einstellung.[67]

Entscheidende Relevanz hat gerade dann, wenn Vorschädigungen in Rede stehen, das Kausalitätsverständnis des Gutachters, das oft dem Sozialrecht entstammt und dann auf Fragen der haftungsrechtlichen Kausalität nicht übertragen werden kann und darf. Im SGB VII kommt es nach der Lehre der wesentlichen Bedingung[68] auf eine "richtunggebende Verschlechterung" an. Im Haftungsrecht hingegen genügt, wie dargestellt, die bloße Mitverursachung. Die Anforderungen an den Kausalitätszusammenhang sind also im Haftungsrecht deutlich geringer.[69] Bei Zweifeln wird eine mündliche Anhörung des Gutachters unerlässlich, auf die der Anwalt des Geschädigten dann unbedingt hinzuwirken hat. Nur mit einer schriftlichen Ergänzung des Gutachtens, von den Gerichten aus Zeitgründen häufig angeregt, sollte er sich nicht grundsätzlich zufrieden geben. Unklarheiten bei der Begutachtung können vermieden werden, wenn das Gericht den Sachverständigen gem. § 404a ZPO richtig anleitet. Hierzu gehören die Erläuterung des erforderlichen Kausalitätsverständnisses und die Vorgabe der zugrunde zu legenden Tatsachen.[70] Den Parteien ist dabei gem. § 404a Abs. 5 ZPO rechtliches Gehör zu gewähren. Der Anwalt des Geschädigten kann und muss sich dieses Gehör auch verschaffen. Dies kann z.B. mit entsprechend formulierten Beweisangeboten erfolgen.

[67] Schneider, ZAP 2007, 635.
[68] Vgl. Ziegert, DAR 1994, 257 f.
[69] Vgl. Diederichsen, DAR 2006, 301.
[70] Vgl. Ziegert, a.a.O.

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