Im Bereich des sonstigen (nicht verkehrsrechtlichen) Strafrechts kommt – anders als bei den verkehrsrechtlichen Vergehen – von vornherein keine Rechtsschutzdeckung bei den Taten in Betracht, welche nur vorsätzlich begehbar sind, selbst wenn der Tatvorwurf noch so offensichtlich unberechtigt war und das Ermittlungsverfahren daher gem. § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wird.[7] Dennoch kann sich bei den auch fahrlässig strafbaren Taten, bei denen eine Rechtsschutzdeckung nur im Falle des Fahrlässigkeitsvorwurfs besteht, dasselbe Problem eventueller Rückforderungsansprüche bei Umstellung des Vorwurfs von Fahrlässigkeit auf Vorsatz stellen. Allerdings kommen die Taten, bei denen sowohl vorsätzliches als auch fahrlässiges Handeln strafbar ist, außerhalb des Verkehrsbereichs (§§ 316, 315 c StGB) eher selten vor.

[7] Ausnahmen gibt es auf Grund einer in letzter Zeit häufiger verwendeten Individualklausel verschiedener Rechtsschutzversicherer, wonach bei bestimmten Vorsatzdelikten (Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB, Beleidigung gem. § 185 StGB, Sachbeschädigung gem. § 303 StGB, Steuerhinterziehung gem. § 370 AO) rückwirkend Rechtsschutz gewährt wird, wenn das Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO oder gem. § 153 Abs. 1 StPO eingestellt wird. Diese Regelung entspricht jedoch nach wie vor nicht der Verbandsempfehlung des GDV.

a) Voraussetzungen und Umfang einer Rückzahlungsverpflichtung

Dazu unser obiger Beispielsfall entsprechend im nicht verkehrsrechtlichen Bereich:

 
Praxis-Beispiel

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Versicherungsnehmer wegen fahrlässiger Körperverletzung und erhebt schließlich Anklage. In der Hauptverhandlung wendet sich die Beweisaufnahme, sodass das Gericht nach den Plädoyers einen rechtlichen Hinweis i.S.d. § 265 StPO erteilt, wonach auch eine Verurteilung wegen Vorsatzes in Betracht kommt. Der Versicherungsnehmer wird sodann wegen einer (vorsätzlichen) Körperverletzung gem. § 223 StGB rechtskräftig verurteilt.

Der Rechtsschutzversicherer verweigert daraufhin weitere Zahlungen und fordert die gem. § 9 RVG geleisteten Vorschüsse zurück.

Auch hier ist entgegen weitläufiger Praxis zu berücksichtigen, dass auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vorsatztat nicht jeglicher Rechtsschutz vollständig entfällt. Wird zunächst wegen Fahrlässigkeit ermittelt und wird der gegen den Versicherungsnehmer erhobene Vorwurf im Laufe der Ermittlungen auf Vorsatz erweitert, so entfällt der Rechtsschutz vom Zeitpunkt der Umstellung des Vorwurfes auf Vorsatz an, also nicht rückwirkend, sondern ex nunc. Dies ergibt sich wiederum aus dem eindeutigen Wortlaut des § 2 i bb S. 1 ARB 94/2000/2008, wonach Rechtsschutz besteht, "solange dem Versicherungsnehmer ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird". Im Ergebnis identisch ergibt sich dies bei Altverträgen aus § 4 Abs. 3 a ARB 75 sowie aus § 20 Abs. 4 ARB 75, da eine Rückzahlungspflicht lediglich hinsichtlich Leistungen besteht, die der Versicherer erbracht hat, "nachdem dem Versicherungsnehmer ein vorsätzliches Verhalten zur Last gelegt wurde". Eine Erstattungsregelung – wie in § 2 i aa S. 2 ARB 94/2000/2008 oder § 20 Abs. 4 ARB 75 – fehlt im Bereich des § 2 i bb ARB 94/2000/2008 vollständig, sodass keine Rechtsgrundlage für die Annahme eines rückwirkenden Rechtsschutzverlusts sowie einer entsprechenden Erstattungspflicht besteht.[8] Diese Folgen hätten explizit in den ARB geregelt werden müssen, da Auslegungszweifel nach der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Versicherers als Verwender der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gehen.

[8] So bereits Prölss/Martin-Prölss/Armbrüster, § 4 ARB 75 Rn 50 unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 ARB 75; Harbauer-Maier, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., München 2004, § 4 ARB 75 Rn 194; van Bühren-Bauer/Schneider, a.a.O., § 13 Rn 156 f.; a.A. (rückwirkender Verlust des Versicherungsschutzes), allerdings ohne jegliche Problematisierung bzw. Begründung, Schirmer, DAR 1990, 81, 84.

b) Abgrenzung des Tatvorwurfs vorsätzlichen/fahrlässigen Handelns im Ermittlungsverfahren

In Abweichung zur Regelung der verkehrsrechtlichen Vergehen in den ARB trägt bei den sonstigen (nicht verkehrsrechtlichen) Straftaten der Versicherungsnehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass lediglich der Vorwurf der Fahrlässigkeit bestand. Denn § 2 i bb S. 1 ARB 94/2000/2008 verlangt als Voraussetzung einer Deckung in der Leistungsart des Straf-Rechtsschutzes nicht nur, dass ein (sonstiges) Vergehen vorliegt, dessen vorsätzliche wie auch fahrlässige Begehung strafbar ist. Sondern darüber hinaus regelt § 2 i bb S. 1 ARB 94/2000/2008, dass Rechtsschutz nur besteht, "solange dem Versicherungsnehmer ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird". Bei dieser Art der Regelung handelt es sich um die Definition dessen, was überhaupt versichert ist, also um eine sog. primäre Risikobegrenzung. Daher ist der Vorwurf der Fahrlässigkeit hier Grundvoraussetzung für die Rechtsschutzdeckung, nicht – wie bei den verkehrsrechtlichen Straftaten – umgekehrt der Vorwurf des Vorsatzes Voraussetzung für das (ausnahmsweise) Entfallen des Rechtsschutzes. Ist daher unkla...

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