Dazu unser obiger Beispielsfall entsprechend im nicht verkehrsrechtlichen Bereich:

 
Praxis-Beispiel

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Versicherungsnehmer wegen fahrlässiger Körperverletzung und erhebt schließlich Anklage. In der Hauptverhandlung wendet sich die Beweisaufnahme, sodass das Gericht nach den Plädoyers einen rechtlichen Hinweis i.S.d. § 265 StPO erteilt, wonach auch eine Verurteilung wegen Vorsatzes in Betracht kommt. Der Versicherungsnehmer wird sodann wegen einer (vorsätzlichen) Körperverletzung gem. § 223 StGB rechtskräftig verurteilt.

Der Rechtsschutzversicherer verweigert daraufhin weitere Zahlungen und fordert die gem. § 9 RVG geleisteten Vorschüsse zurück.

Auch hier ist entgegen weitläufiger Praxis zu berücksichtigen, dass auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vorsatztat nicht jeglicher Rechtsschutz vollständig entfällt. Wird zunächst wegen Fahrlässigkeit ermittelt und wird der gegen den Versicherungsnehmer erhobene Vorwurf im Laufe der Ermittlungen auf Vorsatz erweitert, so entfällt der Rechtsschutz vom Zeitpunkt der Umstellung des Vorwurfes auf Vorsatz an, also nicht rückwirkend, sondern ex nunc. Dies ergibt sich wiederum aus dem eindeutigen Wortlaut des § 2 i bb S. 1 ARB 94/2000/2008, wonach Rechtsschutz besteht, "solange dem Versicherungsnehmer ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird". Im Ergebnis identisch ergibt sich dies bei Altverträgen aus § 4 Abs. 3 a ARB 75 sowie aus § 20 Abs. 4 ARB 75, da eine Rückzahlungspflicht lediglich hinsichtlich Leistungen besteht, die der Versicherer erbracht hat, "nachdem dem Versicherungsnehmer ein vorsätzliches Verhalten zur Last gelegt wurde". Eine Erstattungsregelung – wie in § 2 i aa S. 2 ARB 94/2000/2008 oder § 20 Abs. 4 ARB 75 – fehlt im Bereich des § 2 i bb ARB 94/2000/2008 vollständig, sodass keine Rechtsgrundlage für die Annahme eines rückwirkenden Rechtsschutzverlusts sowie einer entsprechenden Erstattungspflicht besteht.[8] Diese Folgen hätten explizit in den ARB geregelt werden müssen, da Auslegungszweifel nach der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Versicherers als Verwender der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gehen.

[8] So bereits Prölss/Martin-Prölss/Armbrüster, § 4 ARB 75 Rn 50 unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 ARB 75; Harbauer-Maier, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., München 2004, § 4 ARB 75 Rn 194; van Bühren-Bauer/Schneider, a.a.O., § 13 Rn 156 f.; a.A. (rückwirkender Verlust des Versicherungsschutzes), allerdings ohne jegliche Problematisierung bzw. Begründung, Schirmer, DAR 1990, 81, 84.

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