Unterstellt man nach einem Verkehrsunfall eine schwere körperliche und gesundheitliche Schädigung des Verletzten, der daraufhin, mglw. bewusstlos oder komatös oder schlicht sprach- und handlungsunfähig wenngleich bei Bewusstsein ist, so wäre der erste Gedanke sicherlich: alles Weitere regelt im Krankenhaus der Ehegatte. Diesem Trugschluss unterliegen nach wie vor viele Privatpersonen, Ärzte, aber auch Juristen. Die wechselseitigen Befugnisse der Ehegatten, gerade was den höchstpersönlichen Bereich des jeweils anderen angeht, sind gesetzlich überschaubar. Liest man die §§ 1353 ff. BGB einmal kursorisch durch, so stellt man rasch fest, dass vornehmlich Vermögensfragen, Ansprüche untereinander oder auch das Auftreten im Geschäftsverkehr thematisiert werden. Jedoch werden elementare Angelegenheiten wie die ärztliche Behandlung, die einer Operation nachfolgende Pflege und Rehabilitationsmaßnahmen, alle Absprachen und Informationen hierzu oder gar freiheitsbeschränkende Maßnahmen zur Sicherung des Behandlungserfolgs bisher nicht von den im BGB geregelten familienrechtlichen Vorschriften geregelt. Einzig in Notsituationen wurde bislang eine Mitverpflichtung des Ehegatten über § 1357 BGB bejaht: Eine medizinisch indizierte, unaufschiebbare ärztliche Behandlung dient unabhängig von der Höhe der Kosten grds. der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie.[4] Doch dies betrifft vornehmlich die Frage, wo das Krankenhaus seine Leistungen liquidieren kann, nicht aber, welche weiteren Rechte und Entscheidungsbefugnisse dem Ehegatten zustehen.

Liegt also keine Vollmacht vor, in welcher die Ehegatten sich – in weiser Voraussicht – in betreuungsähnlicher und vor allem betreuungsvermeidender Art und Weise wechselseitig dazu ermächtigen, die entsprechenden Entscheidungen in der Gesundheitssorge für den jeweils anderen zu treffen, so konnte nur mittels betreuungsgerichtlicher Eilmaßnahmen, § 1846 BGB (§ 1867 BGB n.F.), oder durch die Errichtung einer vorläufigen gesetzlichen Betreuung, § 1896 BGB (§ 1814 BGB n.F.) i.V.m. § 300 FamFG, für den handlungsunfähigen Geschädigten fortan agiert werden. Natürlich wird in der Regel der Ehepartner als vorläufiger Betreuer durch Krankenhaus und Betreuungsbehörde vorgeschlagen und dann vom Gericht bestimmt. Aber der bloße Umstand, dass man verheiratet ist, berechtigt eben im Hinblick auf rasch zu treffende medizinische Entscheidungen oder selbst die Herausgabe von Informationen zum Gesundheitszustand zu gar nichts.

[4] BGHZ 94, 1 (6) = NJW 1985, 1394 (1395); BGHZ 116, 184 (187) = NJW 1992, 909 (910).

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