Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass das streitgegenständliche Fahrzeug am 21.9.2019 entwendet wurde.

Der Kl. kann nicht den Vollbeweis eines Diebstahls führen. Einem VN werden aber im Entwendungsfall Darlegungs- und Beweiserleichterungen eingeräumt, die darauf beruhen, dass ihm in der Regel keine Zeugen für den Nachweis der eigentlichen Entwendungshandlung zur Verfügung stehen. Im Regelfall muss es deshalb genügen, wenn ein – vom VN zu beweisender – äußerer Sachverhalt (i.e. das sog. "äußere Bild") feststeht, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass versicherte Gegenstände in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet worden sind (st. Rspr. …).

Bei der Kfz-Versicherung ist das äußere Bild eines Diebstahls regelmäßig dann gegeben, wenn der VN das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abstellt, an dem er es später nicht wieder vorfindet. Hier hat der Kläger zur Überzeugung der Kammer beweisen können, dass das Fahrzeug am 20.9.2019 und auch am frühen Morgen des 21.9.2019 noch vor seinem Wohnhaus in Verl abgestellt war und er es dann aber am späteren Vormittag nicht mehr auffinden konnte. Die Zeuginnen K., B. und K. haben übereinstimmend bekundet, das streitgegenständliche Fahrzeug am Abend des 20.9.2019 auf dem Parkplatz, auf dem es nach dem klägerischen Vortrag abgestellt gewesen war, wahrgenommen zu haben, die Zeugin B. auch noch am Morgen des 21.9.2019. Ebenso übereinstimmend haben sie bekundet, dass sich das Fahrzeug später am Morgen – nach 10:00 Uhr – nicht mehr auf diesem Parkplatz befunden hat; die Zeugin B. hat darüber hinaus angegeben, gesehen zu haben, dass das Fahrzeug in etwa um diese Zeit weggefahren wurde. Sie bekundete ausdrücklich, dass sie nicht gesehen habe, wer mit dem Auto gefahren sei und dass sie nur davon ausgegangen sein, dass es der Kläger gewesen sei.

Anhaltspunkte, welche die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Übereinstimmungen zwischen den Zeugenaussagen sind insbesondere nicht in einer Weise ausgeprägt, die eine für den Kläger vorteilhafte Absprache nahelegen würden. Vielmehr variieren die Zeugenaussagen dergestalt und sind jeweils für sich genommen in einem Maße widerspruchsfrei, detailreich und schlüssig, dass die Kammer von einer tatsächlichen Erlebnisbasiertheit der Aussagen überzeugt ist. Die Bekundungen der Zeuginnen stimmen auch überein mit dem schriftsätzlichen und mündlichen Vorbringen des Kl.

Nur wenn dem VR gegenüber diesem Beweis des "äußeren Bildes" eines Diebstahls auf der zweiten Stufe der Beweis von Tatsachen gelingt, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalls ergibt oder die Redlichkeitsvermutung durch unstreitige oder vom Versicherer bewiesene Indizien erschüttert wird, ohne dass bereits die Unglaubwürdigkeit des Kl. bewiesen sein müsste, hat der VN auf der dritten Stufe den Vollbeweis einer bedingungsgemäßen Entwendung zu erbringen (…). Diese Erschütterung der Redlichkeitsvermutung bzw. der Beweis von Tatsachen, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalles ergibt, ist der Bekl. nicht zur Überzeugung der Kammer gelungen.

Die von ihr vorgetragenen Gesichtspunkte vermögen keine schwerwiegenden Zweifel hinsichtlich der Redlichkeit des Kl. oder des tatsächlichen Vorliegens eines Versicherungsfalles zu begründen. Während arglistige und vorsätzlich falsche Angaben zum Kauf des versicherten Fahrzeugs schon nicht ersichtlich sind, sind Abweichungen, die sich hinsichtlich der angegebenen Laufleistung ergeben nicht derart gravierend, dass sie sich nicht etwa mit einem Versehen, sondern nur mit einer Täuschungsabsicht erklären ließen. Die kilometerexakte Angabe der Laufleistung zum Entwendungszeitpunkt konnte der Kläger plausibel dadurch erklären, von den anzeigeaufnehmenden Polizeibeamten dazu aufgefordert worden zu sein, eine seiner Meinung nach zutreffende Angabe zu schätzen; dass es sich dabei nicht um eine zum Beispiel im Hunderter- oder Tausenderbereich gerundete Kilometerzahl gehandelt hat, kann dem Kl. insofern nicht zum Nachteil gereichen. Auch das Internetangebot des Fahrzeugs im Frühjahr 2019 konnte der Kl. plausibel dadurch erklären, dass zu diesem Zeitpunkt noch gar kein eigener Kauf beabsichtigt gewesen sei, es sich lediglich um einem Gefallen für den Verkäufer, zu dem der Kl. insgesamt eine dauerhafte und gute Beziehungen unterhielt, gehandelt hat, und der Kaufentschluss erst später gefasst wurde, da das Fahrzeug auch der Ehefrau des Kl., der Zeugin K., gefallen habe.

Aus der Reparaturbedürftigkeit des Fahrzeugs aufgrund von dessen Ölfeuchte ergibt sich ebensowenig ein Anhaltspunkt für die Unredlichkeit des Kl. wie aus dessen Aufforderung der Rücksendung von Unterlagen und Gegenständen, die in seinem Eigentum stehen wie die Zulassungsbescheinigung Teil II und der Fahrzeugschlüssel...

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