Der Entscheidung des – Einzelrichters des – BSG ist zuzustimmen.

Bindung an die Streitwertfestsetzung

Der Kostenbeamte und dem folgend der im Erinnerungsverfahren gegen den Gerichtskostenansatz tätige Erstrichter und auch das für das Beschwerdeverfahren betreffend den Gerichtskostenansatz zuständige Beschwerdegericht sind an die Festsetzung des Streitwertes durch das Prozessgericht gebunden. Deshalb sind sie auch nicht berechtigt, bei der Berechnung der gerichtlichen Gebühren von einem abweichenden Streitwert auszugehen.

Ausnahme von der Bindungswirkung

Eine Ausnahme von dieser Bindungswirkung findet sich in § 63 Abs. 3 GKG. Danach kann die Festsetzung des Streitwerts von Amts wegen von dem Gericht geändert werden, das den Wert festgesetzt hat. Dies war hier der 9. Senat des BSG, der jedoch zu einer Abänderung seiner Streitwertfestsetzung im Urteil keinen Anlass gesehen hatte. Die Streitwertfestsetzung kann von Amts wegen aber auch von dem Rechtsmittelgericht geändert werden, wenn bei ihm das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Gerichtskostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt. Folglich könnte auch im Verfahren über die Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz das Beschwerdegericht die vom Prozessgericht vorgenommene Streitwertfestsetzung ändern. Dieser Fall kam hier nicht in Betracht, da eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des BSG gem. § 68 Abs. 1 S. 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht statthaft ist und eine Beschwerde des Klägers auch nicht vorgelegen hatte.

In anderen Fällen kommt somit eine Änderung des vom Prozessgericht festgesetzten Streitwertes nicht in Betracht. Würde man nämlich dem Kostenbeamten und dem im Verfahren über die Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz befassten Erstrichter die Befugnis einräumen, die Gerichtskosten nicht nach dem vom Prozessgericht festgesetzten Streitwert anzusetzen und der Berechnung des Gerichtsgebühren einen anderen Streitwert zugrunde zu legen, würde hierdurch der für die Festsetzung des Streitwertes in § 68 GKG bestimmte Rechtsmittelzug einschließlich der dort bestimmten Fristenregelungen ausgehebelt.

Streitwertfestsetzung keine unrichtige Sachbehandlung

Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Es ist bereits fraglich, ob in der Festsetzung eines Streitwertes in bestimmter Höhe eine unrichtige Sachbehandlung gesehen werden kann. Denn sowohl eine unrichtige Streitwertfestsetzung als auch eine richtige Streitwertfestsetzung löst überhaupt keine Gerichtskosten aus. Selbst wenn das Prozessgericht also den Streitwert zu hoch festgesetzt hätte, wären bei richtiger Sachbehandlung ebenfalls keine Kosten entstanden. Die Berechnung höherer Gerichtskosten auf der Grundlage eines überhöht festgesetzten Streitwertes ist also erst indirekte Folge der Streitwertfestsetzung. Die unrichtige Sachbehandlung des Gerichts bei einer überhöhten Streitwertfestsetzung ist somit streng genommen nicht ursächlich für den Anfall der Gerichtskosten. Die gerichtliche Verfahrensgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren bestimmt sich nach § 197a SGG nämlich nach dem Streitwert zum Zeitpunkt des Anfalls der Gerichtskosten zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels (siehe NK-GK/Schäfer, 3. Aufl. 2021, Nr. 7110 GKG KV Rn 3).

Im Übrigen stellt eine Streitwertfestsetzung ohnehin grundsätzlich keine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG dar. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt ein erkennbares Versehen oder einen offensichtlichen Verstoß des Gerichts gegen klare gesetzliche Vorschriften voraus (BGH NJW 1962, 2107; BFH RVGreport 2017, 32 [Hansens]; BGH RVGreport 2017, 32 [Ders.]). Dass ein solcher Fall hier vorgelegen hätte, ist nicht ersichtlich. Der 9. Senat des BSG hat in dem Revisionsverfahren für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte gesehen und deshalb gem. § 52 Abs. 2 GKG den Streitwert auf den Auffangwert von 5.000 EUR festgesetzt. Dies ist eine dem Gericht gerade vom Gesetz eröffnete Möglichkeit, deren Anwendung wohl kaum einmal einen offen zutage tretenden Verstoß gegen die gesetzliche Regelung darstellen dürfte.

Verfahrensweise des Rechtsanwalts

Keine gerichtliche Streitwertfestsetzung

Der Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte, der für den Mandanten Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz wegen überhöhter Gerichtsgebühren Erinnerung einlegen soll, hat zunächst zu prüfen, ob das Prozessgericht den Streitwert bereits förmlich festgesetzt hat. Ist dies nicht der Fall, kann der Rechtsanwalt mit der Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz zulässigerweise rügen, der Kostenbeamte habe der Gerichtsgebühr einen zu hohen Streitwert zugrunde gelegt. Dies hat der Kostenbeamte zu prüfen und ggf. zu korrigieren. Häufig wird der regelmäßig vom Kostenbeamten anzuhörende Bezirksrevisor als Vertreter der Landeskaasse beim Prozessgericht die Festsetzung des Streitwerts anregen. Wird der Streitwert...

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