Mit Urteil vom 15.3.2011 entschied der BGH über die Haftungshöchstbeträge bei Verlust von Reisegepäck.[45] Die Klägerin hatte sowohl ihre eigene Golfausrüstung als auch die Golfausrüstung ihres gemeinsam mit ihr reisenden Lebensgefährten zusammen in einer Golfreisetasche als Reisegepäck aufgegeben. Auf dem Flug von Frankfurt am Main nach Malaga ging diese Golfreisetasche mit dem hochwertigen Inhalt dann verloren. Sowohl das beklagte Luftfahrtunternehmen als auch die Gerichte der ersten und zweiten Instanz vertraten die Ansicht, dass der Haftungshöchstbetrag nach Art. 22 Abs. 2 S. 1 des Montrealer Übereinkommens[46] nur einmal gezahlt werden müsse. Die Klägerin könne über diesen Haftungshöchstbetrag hinaus weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht Schadensersatz verlangen. Bei Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck sei Anspruchsberechtigter nach Art. 17 Abs. 2 S. 1 des Montrealer Übereinkommens immer nur derjenige, der das Gepäck aufgegeben und dadurch zum Objekt des Luftbeförderungsvertrages gemacht habe. Dieser Ansicht trat der BGH nun entgegen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen steht der Ersatzanspruch nicht nur demjenigen Reisenden zu, der die Aufgabe seines Gepäcks durch einen Gepäckschein dokumentieren kann. Der Anspruch nach Art. 17 Abs. 2 S. 1 des Montrealer Übereinkommens steht daher auch einem Reisenden zu, der ihm gehörende Gegenstände in einem Gepäckstück eines anderen Mitreisenden in die Obhut des Luftfrachtführers gegeben hat. Art. 22 Abs. 2 S. 1 des Montrealer Übereinkommens bemisst die Haftungshöchstgrenze nach seinem Wortlaut ausdrücklich "je Reisenden" – also nicht nach der Zahl der verlorenen Gepäckstücke.

Schon aus praktischen Gründen wurde in der Vergangenheit oft dazu geraten, dass Paare ihr Reisegepäck jeweils "gemischt" packen sollten (also die Hälfte ihres Gepäcks in seinen Koffer und umgekehrt), um im Falle des Verlustes eines Gepäckstücks am Urlaubsort zumindest noch halbwegs ausgerüstet zu sein. Die Beachtung dieses bisher eher technischen Ratschlags dürfte sich nun wohl auch aus rechtlichen Gründen empfehlen, wenn man die Haftungshöchstbeträge so ggf. verdoppeln kann.

[45] BGH, Urt. v. 15.3.2011 – X ZR 99/10, RRa 2011, 129 = VuR 2011, 226, Anmerkungen Müller-Rostin, RRa 2011, 229; Bollweg, RRa 2011, 230.
[46] Siehe Fn 44.

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