Der Beschluss des OLG Frankfurt ist zwar in einer Familiensache ergangen, die Entscheidung hat jedoch Bedeutung auch für den Zivilprozess. Den Ausführungen des OLG ist zuzustimmen.

Anfall der Terminsgebühr

Die Terminsgebühr entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins, der mit Aufruf der Sache beginnt (s. BGH RVGreport 2011, 63 [Hansens] = AGS 2010, 527; BVerwG RVGreport 2010, 186 [ders.] = NJW 2010, 1391). Dabei muss gerade die Sache aufgerufen sein, in der der Rechtsanwalt den Mandanten vertreten will (Hansens RVGreport 2007, 375, 376). Allerdings ist nicht zwingend erforderlich, dass die Sache förmlich aufgerufen worden ist. Es genügt auch, dass das Gericht mit der Verhandlung konkludent beginnt (BGH a.a.O.). In subjektiver Hinsicht erfordert der Anfall der Terminsgebühr, dass der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Aufrufs der Sache bzw. des Beginns der mündlichen Verhandlung vertretungsbereit anwesend sein muss (BVerwG a.a.O.; BGH AGS 2010, 561 m. Anm. Onderka = RVGreport 2010, 427 (Hansens); Hansens RVGreport 2007, 375, 376). Hierfür muss der Anwalt an dem Termin teilnehmen und willens sein, das Geschehen im Termin im Interesse seines Mandanten zu verfolgen und ggf. aktiv einzugreifen.

Diese Voraussetzungen hat hier die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners erfüllt.

Gegenstandswert

Klagerücknahme nach dem Aufruf der Sache

Für die Berechnung der Terminsgebühr ist der zum Zeitpunkt des Aufrufs der Sache und der anwaltlichen Anwesenheit maßgebliche Gegenstandswert zu berücksichtigen. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass eine nach Aufruf der Sache erfolgte Klagerücknahme nicht zum Wegfall der Terminsgebühr oder auch nur zu deren Berechnung nach einem geringeren Gegenstandswert führen kann. Die nach Anfall der Terminsgebühr erfolgte Klagerücknahme hat nämlich gem. § 15 Abs. 4 RVG weder den völligen noch auch nur den teilweisen Wegfall der bereits entstandenen Terminsgebühr zur Folge (s. KG RVGreport 2006, 149 [Hansens]; OLG Frankfurt RVGreport 2020, 225 [ders.]).

Klagerücknahme vor dem Termin

Hat der Kläger seine Klage beispielsweise einen Tag vor dem angesetzten Verhandlungstermin (s. den Fall des OLG Koblenz RVGreport 2006, 473 [Hansens] = AGS 2007, 105 mit Anm. Schons) oder 21 Stunden vor der Terminsstunde (so der Fall des OLG Frankfurt) oder auch nur wenige Minuten vor Aufruf der Sache per Telefax, per elektronischer Post oder durch Abgabe des Rücknahmeschriftsatzes in der Geschäftsstelle persönlich zurückgenommen, ist die Klagerücknahme mit Eingang bei Gericht wirksam geworden. Dies hat gem. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO zur Folge, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist.

Wird nunmehr die Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgerufen, so fällt dem Prozessbevollmächtigten des Beklagen wegen der wirksamen Klagerücknahme auch dann die Terminsgebühr nicht nach dem Hauptsachewert an, wenn er von dieser Klagerücknahme keine Kenntnis gehabt hat (KG RVGreport 2006, 149 (Hansens); OLG Brandenburg RVGreport 2018, 472 [ders.] = AGS 2018, 411; a.A. OLG Köln AGS 2008, 28 mit Anm. N. Schneider – die Berufungsrücknahme war in jenem Fall rund eine Stunde vor Beginn des Verhandlungstermins per Telefax eingegangen; LG Saarbrücken RVGreport 2011, 425 [ders.] = AGS 2011, 480; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl. 2023, RVG, a.a.O., Anhang VII Rn 245: Hauptsachewert). Denn wegen der Wirksamkeit der Klagerücknahme kann ein Aufruf der Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht mehr zum Anfall der Terminsgebühr nach dem Hauptsachewert führen.

Da die Rechtsfolge des § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO mit Eingang des Rücknahmeschriftsatzes kraft Gesetzes eintritt, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht oder der gegnerische Rechtsanwalt oder sein Mandant Kenntnis von der Klagerücknahme hatte. Somit kann es in der mündlichen Verhandlung nur um die Kostenfolge der Klagerücknahme gegangen sein, selbst wenn das Gericht über die tatsächlich nicht mehr anhängige Hauptsache verhandelt oder diese mit dem Antrags- oder Beklagtenvertreter erörtert haben sollte. Folglich ist in einem solchen Fall als Gegenstandswert der Terminsgebühr nur das Kosteninteresse maßgeblich (KG, a.a.O.).

Einfluss der Kenntnis oder Unkenntnis von der Antrags- oder Klagerücknahme

Unkenntnis des Beklagten

Ist dem Beklagten und/oder dem Gericht zu dem Zeitpunkt, zu dem die Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgerufen wurde, nicht bekannt, dass der Kläger bereits seine Klage zurückgenommen hatte, löst dies – wie erörtert – infolge der vertretungsbereiten Anwesenheit des Rechtsanwalts des Beklagten die Terminsgebühr – zumindest – nach dem Kostenwert aus.

Kenntnis des Beklagten

Hatte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hingegen Kenntnis von der zuvor erfolgten Klagerücknahme, so steht ihm für die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache keine Terminsgebühr nach dem Hauptsachewert, sondern lediglich nach dem Kostenwert zu.

Unkenntnis des Gerichts

Hatte das Gericht von der Klagerücknahme ...

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