[…] II. 1. Die zulässige sofortige Beschwerde des Betroffenen A. J. hat auch in der Sache Erfolg. Die Verwerfung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid als unzulässig erfolgte zu Unrecht, da der Einspruch form – bzw. fristgerecht eingelegt wurde gem. § 67 OWiG.

Der Bußgeldbescheid vom 24.1.2022 wurde dem Betroffenen am 28.1.2022 zugestellt. Ablauf der Frist zur Einlegung des Einspruchs war der 11.2.2022. An diesem Tag legte der Betroffene telefonisch bei der Bußgeldstelle Einspruch ein. Dieser Einspruch erfolgte in der gem. § 67 OWiG vorgeschriebenen Form. Hiernach hat der Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde zu erfolgen. In Abweichung zu den für das Strafverfahren gelten Grundsätzen für die Einlegung von Rechtsbehelfen wird im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Zulässigkeit auch einer telefonischen Einlegung grundsätzlich anerkannt (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 StR 164/79, NJW 1980, 1290; OLG Karlsruhe VRS 54, 446; OLG Düsseldorf VRS 54, 361; BeckOK OWiG/Gertler, OWiG, § 67, Rn 71; Krenberger/Krumm, 7. Aufl. 2022, OWiG, § 67, Rn 35). Voraussetzung ist jedoch, dass das Schriftstück, in dem die Erklärung des Betroffenen niedergeschrieben wird, die Verwaltungsbehörde, den Tag der Einlegungserklärung, die Person des Erklärenden und den Inhalt seiner Erklärung angibt und dieses vom beurkundenden Beamten oder Angestellten unterschrieben wird. Ebenso muss sich die Beurkundung auf die Tatsache erstrecken, dass der Rechtsbehelf fernmündlich eingelegt wurde (BGH, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 StR 164/79, NJW 1980, 1290, 1291; OLG Karlsruhe VRS 54, 446).

Der Vermerk vom 11.2.2022 erfüllt vorliegend diese Anforderungen, wobei es unschädlich ist, dass die Niederschrift nicht von der beurkundenden Person handschriftlich unterschrieben ist, sondern dort lediglich maschinenschriftlich der Name der Sachbearbeiterin aufgeführt ist. Da die ZBS ihre Akten elektronisch führt, ist eine handschriftliche Unterschrift der beurkundenden Person schon grundsätzlich nicht möglich. Zwar ließe sich erwägen, Dokumente, die schriftlich abzufassen und zu unterschreiben sind, als elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person zu versehen. Dies würde indessen die Anforderungen an die Formvoraussetzungen eines wirksamen Einspruchs im Bußgeldverfahren überspannen. Es muss hiernach letztlich Gewissheit bestehen, von wem die Niederschrift aufgenommen wurde und dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt (vgl. OLG Düsseldorf VRS 54, 361; BeckOK OWiG/Gertler, 35. Ed. 1.7.2022, § 67 Rn 72; KK-OWiG/Ellbogen, 5. Aufl., § 67 Rn 70). Dem wird die hier vorliegende Niederschrift gerecht. Es bestehen keine Zweifel, dass das Schriftstück von der zuständigen Sachbearbeiterin der ZBS stammt. Es trägt in der Unterschriftszeile denselben Namen wie die übrigen Schriftstücke in der Bußgeldakte und ist unter dem entsprechenden Aktenzeichen abgefasst. Da auch die o.g. inhaltlichen Formanforderungen gewahrt sind, ist auch unzweifelhaft, dass es sich nicht um einen bloßen Entwurf handelt. Dies wird ferner daran ersichtlich, dass die zuständige Sachbearbeiterin im späteren Verlauf dem Verteidiger des Betroffenen im Rahmen der Akteneinsicht als Anlage die entsprechenden Schriftstücke zukommen lässt, wozu auch der Telefonvermerk vom 11.2.2022 gehört.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO analog.

zfs 3/2023, S. 171 - 172

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