Hinweis

Hinsichtlich der konkret angefallenen Reparaturkosten, die von Ihrer Seite gekürzt wurden, wird auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 29.10.1974 (AZ: VI ZR 42/74) verwiesen und dieses wie folgt auszugsweise zitiert:

"Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß seinen Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten übergeben hat; (…) Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Satz 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis – sei es aus materiell-rechtlichen Gründen, etwa gar in Anwendung des § 278 BGB, oder aufgrund der Beweislastverteilung – im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluß entzogen ist und die ihren Grund darin haben, daß die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten, wohl auch nicht vom Schädiger kontrollierbaren Einflußsphäre stattfinden muß. Insoweit besteht kein Sachgrund, dem Schädiger das "Werkstattrisiko" abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens nach § 249 Satz 1 BGB überlassen würde. Die dem Geschädigten durch § 249 Satz 2 BGB gewährte Ersetzungsbefugnis ist kein Korrelat für eine Überbürdung dieses Risikos auf ihn."

Zudem wird auf das Urteil des Amtsgerichts München vom 16.4.2018 (AZ: 332 C 4359/18) verwiesen und dieses wie fort auszugsweise zitiert:

"Das sogenannte Werkstattrisiko muss vielmehr in der Sphäre des Schädigers verbleiben, denn es besteht kein Sachgrund, dem Schädiger das Werkstattrisiko abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens überlassen würde. Die Ersatzpflicht erstreckt sich vor allem auch auf diejenigen Mehrkosten, die ohne Schuld des Geschädigten – etwa durch unsachgemäße Maßnahmen der von ihm beauftragen Werkstatt – verursacht worden sind."

Hierbei ist nicht zu fordern, dass der Geschädigte die Rechnung bereits vollumfänglich ausgeglichen hat. Der auf Grundlage eines Schadensgutachten/eines Kostenvoranschlages erteilte Reparaturauftrag stellt bereits ein Indiz für den erforderlichen Herstellungsaufwand dar. Es wird auf die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken vom 22.10.2021 (Az. 13 S 69/21) verwiesen und dieses wie folgt auszugsweise zitiert:

"Indes ist nicht nur die bezahlte Rechnung taugliches Indiz für den erforderlichen Herstellungsaufwand. Dieser kann vielmehr auch aus "anderen gleich gewichtigen Indizien" hergeleitet werden (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2017 – VI ZR 61/17, NJW 2018, 693), bspw. aus einem von dem Geschädigten erteilten Auftrag und der korrespondierenden Rechnung (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 104/19, NJW 2020, 1148 zu Sachverständigenkosten). (…) Holt der Geschädigte daher ein Schadengutachten ein und erteilt auf Grundlage dieses Gutachtens einen entsprechenden Reparaturauftrag, so schlagen sich bereits in der Erteilung dieses Auftrages die eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten nieder."

 

Erläuterung:

Repariert der Geschädigte das Fahrzeug in einer Werkstatt seiner Wahl hat der Schädiger die konkret angefallenen Kosten der Reparatur des Schadens zu bezahlen. Dies gilt auch dann, wenn das Fahrzeug schon alt ist und noch nie in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert wurde; also das Fahrzeug nunmehr erstmals entsprechend repariert wird.

In der Praxis kommt es jedoch immer häufiger vor, dass der hinter dem Schädiger stehenden Kfz Haftpflichtversicherer auch bei Vorlage einer Reparaturrechnung einen per EDV erstellten Prüfbericht vorlegt und mit diesem nachweisen will, dass die Reparatur nicht sach- und fachgerecht durchgeführt wurde. Faktisch wird damit die Werkstatt zum Erfüllungsgehilfen des Geschädigten gemacht; also jeglicher Fehler der Werkstatt dem Geschädigten angelastet. Frei nach dem Motto, dass der Geschädigte schließlich selbst die Werkstatt ausgesucht und den Reparaturauftrag erteilt hat und dann auch mit den Konsequenzen leben muss.

Verkannt wird hierbei jedoch, dass die Werkstatt gerade kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist; ein etwaiges Fehlverhalten der Werkstatt gerade nicht dem Geschädigten zuzurechnen ist. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass in aller Regel der Geschädigte nicht detailliert einzelne Reparaturschritte in Auftrag gibt sondern auf Basis eines Kostenvoranschlages oder eines Gutachtens den Reparaturauftrag erteilt und der Kostenvoranschlag bzw. das Gutachten im Vorfeld mit der Maßgabe in Auftrag gegeben wurde, dass die erforderlichen Reparaturkosten bestimmt werden mögen.

Autor: Stefan Herbers

RA Stefan Herbers, FA für Verkehrs- und Arbeitsrecht, Oldenburg

zfs 3/2022, S. 123

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