"… II. Das hält rechtlicher Nachprüfung überwiegend stand. (…)"

2. Das BG geht zutreffend davon aus, dass bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt wird, wie der Senat bereits mit Urt. v. 19.12.2018 (BGHZ 220, 297) entschieden hat.

[Inhalt der Mitteilung nach § 203 Abs. 5 VVG]

Entgegen der Ansicht der Revision erfasst die Notwendigkeit, gem. § 203 Abs. 5 VVG dem VN die “hierfür maßgeblichen Gründe' mitzuteilen, nicht nur die “Änderungen' der AVB und TB gem. § 203 Abs. 3 VVG, sondern auch die dort ebenfalls genannte “Neufestsetzung' der Prämie nach § 203 Abs. 2 VVG. Schon der Wortlaut der Regelung macht deutlich, dass sie den Zeitpunkt des Eintritts der Wirkung der Anpassungserklärung an die Mitteilung der Neufestsetzung als solcher einerseits und der für sie maßgeblichen Gründe andererseits knüpft (vgl. Senat BGHZ 220, 297). Ein Wirksamwerden der Prämienanpassung ohne eine solche Mitteilung oder trotz einer inhaltlich unzureichenden Mitteilung (so aber Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. § 203 Rn 19; Brand, VersR 2018, 453, 457; Kalis, r+s 2018, 464, 469 f.) schließt das Gesetz daher aus.

Die Revision nimmt zu Unrecht an, der Geltung des Mitteilungserfordernisses aus § 203 Abs. 5 VVG für die Prämienanpassung stehe entgegen, dass § 6 Abs. 2 VVG-lnfoV bei der Prämienerhöhung eine weitere Informationspflicht zur Möglichkeit eines Tarifwechsels vorsieht. Auf dieses Recht hat der VR den VN bei der substitutiven Krankenversicherung nach § 6 Abs. 2 VVG-lnfoV bei der Prämienerhöhung ebenfalls hinzuweisen (vgl. Senat BGHZ 220, 297). Die Mitteilungspflichten aus § 203 Abs. 5 VVG und § 6 Abs. 2 VVG-lnfoV schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern bestehen nebeneinander.

3. Das BG hat den erforderlichen Inhalt der nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden maßgeblichen Gründe zutreffend bestimmt.

[Bezug der Begründung auf die konkrete Prämienanpassung]

a) Die an die Mitteilung nach § 203 Abs. 5 VVG zu stellenden Anforderungen sind in Lit. und Rspr umstritten. Im Wesentlichen werden dazu drei Ansichten vertreten: Nach einer vereinzelten Ansicht soll bereits die Erläuterung genügen, welche Faktoren allgemein für eine Prämienanpassung relevant sein können und wie das Verfahren der Prämienanpassung dem Grunde nach funktioniert (vgl. Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. § 203 Rn 19; in diese Richtung auch LG Tübingen BeckRS 2018, 50721). Dagegen verlangt eine zweite Ansicht in Rspr. und Lit auf die konkrete Prämienanpassung bezogene Begründung, in der anzugeben ist, bei welcher Rechnungsgrundlage i.S.v. § 203 Abs. 2 S. 3 VVG (Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten) die Veränderung, welche die Prämienanpassung ausgelöst hat, eingetreten ist (vgl. OLG Stuttgart, Hinweisbeschl. v. 6.6.2019 – 7 U 237/18, juris Rn 20; LG Essen VersR 2019, 1203, 1205; LG Frankfurt (Oder) VersR 2018, 669; …). Darüber noch hinaus geht schließlich die Meinung, nach der neben der betroffenen Rechnungsgrundlage zusätzlich anzugeben ist, in welcher Höhe sich deren Wert gegenüber der ursprünglichen Kalkulation verändert hat (vgl. LG Potsdam r+s 2019, 274, 275; LG Neuruppin VersR 2018, 469; BeckOK VVG/Gramse, § 203 Rn 54 [Stand: 1.8.2020]; …).

b) Die zweitgenannte Ansicht trifft zu. Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 S. 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der VR nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben. Das ergibt die Auslegung des § 203 Abs. 5 VVG aus dem Wortlaut der Norm, der Gesetzessystematik, der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

aa) Der Gesetzeswortlaut sieht im Fall der Prämienanpassung die Angabe der “hierfür' maßgeblichen Gründe vor und macht damit deutlich, dass sich diese auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung beziehen müssen (vgl. Franz, VersR 2020, 449, 457); eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht.

Dabei zeigt der Wortlaut bereits durch die Verwendung desselben Begriffs “maßgeblich' sowohl in § 203 Abs. 2 S. 1 VVG für die Beitragsanpassungsvoraussetzungen als auch in § 203 Abs. 5 VVG für die Mitteilung an den VN, dass das Gesetz mit den mitzuteilenden “maßgeblichen Gründen' auf die dafür “maßgeblichen Rechnungsgrundlagen' verweist (vgl. Franz, VersR 2020, 449, 458). Maßgeblich, d.h. entscheidend für die Prämienanpassung ist gem. § 203 Abs. 2 S. 1 und 3 VVG die als nicht nur vorübergehend anzusehende Veränderung der bzw. einer der dort genannten Rechnungsgrundlag...

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