"… Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet."

I. Die Kl. hat gegen die Bekl. unter dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gem. § 826 BGB einen Anspruch auf Erstattung des für den streitgegenständlichen Pkw gezahlten Kaufpreises i.H.v. 23.470,33 EUR abzüglich gezogener Gebrauchsvorteile i.H.v. 7.797,50 EUR, mithin 15.672,83 EUR, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs. Im Einzelnen:

1. Die Kl. hat durch ein Verhalten der Bekl., nämlich durch das Inverkehrbringen des, wie die Bekl. wusste, technisch mangelbehafteten streitgegenständlichen Pkw-Motors, einen Schaden erlitten. Ein Schaden i.S.d. § 826 BGB ist nicht nur die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter oder eine nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses (BGH, Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 302/02, ZIP 2004, 1593 m. Bespr. Leisch, S. 1573 = juris Rn 41, dazu EWiR 2004, 961 [Lenenbach]; LG Offenburg, Urt. v. 12.5.2017 – 6 O 119/16, juris Rn 28). Es genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Geschäfts, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt (so auch LG Offenburg, Urt. v. 12.5.2017 – 6 O 119/16, juris Rn 28).

Die Kl. hat ein von der Bekl. hergestelltes, mit einem Motor der Baureihe EA 189 ausgestattetes und in Verkehr gebrachtes Fahrzeug erworben, welches in einem bedeutsamen Gesichtspunkt anders beschaffen war, als ein vernünftiger Durchschnittskäufer dies erwarten durfte. Ein vernünftiger Durchschnittskäufer darf nämlich davon ausgehen, dass ein von ihm erworbener Pkw entweder zu Recht zugelassen oder zulassungsfähig ist: Hierzu gehört, dass der Hersteller die für das Fahrzeug erforderliche Typgenehmigung nicht durch Täuschung erwirkt hat. Das gilt auch, wenn der Käufer sich bis zum Bekanntwerden einer solchen Täuschung keine konkreten Vorstellungen von den technischen Einrichtungen und den rechtlichen Voraussetzungen für die Typgenehmigung gemacht hat (so auch OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2017 – 18 U 112/17, juris Rn 36, 38). Bei der von der Bekl. in das streitgegenständliche Fahrzeug implementierten Software handelt es sich nach der zutreffenden Beurteilung des Kraftfahrtbundesamtes um eine verbotene Abschalteinrichtung gem. Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007. Das Vorhandensein dieser Abschalteinrichtung begründet eine technische Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs mit potentieller Gefahr seiner Stilllegung, was als Schaden i.S.d. § 826 BGB ausreicht (LG Köln v. 3.5.2018 – 36 O 57/1/).

2. Das schädigende Verhalten der Bekl. ist auch als sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB zu beurteilen. Denn die Bekl. hat in großem Umfang und mit erheblichem technischen Aufwand vorsätzlich gesetzliche Umweltschutzvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden getäuscht und geschädigt (LG Köln v. 3.5.2018 – 36 O 57/17). Sie hat dabei nicht nur gesetzliche Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der Abschaltvorrichtung zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern geschaffen, welches sich insgesamt als sittenwidriges Verhalten darstellt (so auch LG Arnsberg, Urt. v. 14.6.2017 – 1 O 25/12, juris Rn 52 m.w.N.; LG Offenburg, Urt. v. 12.5.2017 – 6 O 119/16, juris Rn 46). Aus dem Gesamtverhalten der Bekl. ist die Gesinnung zu entnehmen, aus Unfähigkeit oder Gewinnstreben massenhaft die Käufer zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und die Umwelt so zu schädigen, dass – jedenfalls in bestimmten Straße bestimmter Innenstädte – Gesundheitsgefahren drohen (LG Krefeld, Urt. v. 4.10.2017 – 2 O 19/17).

Zudem gilt der Grundsatz, dass eine bewusste Täuschung zur Herbeiführung eines Vertragsschlusses regelmäßig bereits den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründet (BGH, Urt. v. 12.5.2017 – 6 O 119/16, juris Rn 46). Eine solche bewusste Täuschung liegt hier vor, da der Einbau einer verbotenen Abschalteinrichtung denknotwendig nur bewusst und in Täuschungsabsicht geschehen kann (LG Köln v. 3.5.2018 – 36 O 57/17).

3. Das gegen die guten Sitten verstoßende Verhalten der Bekl. hat den Schaden der Kl. auch kausal und zurechenbar ausgelöst. Denn die durch die Bekl. manipulierte Werte des Prüfstandsverfahrens zur Untersuchung der Abgaswerte haben neben dem Bezug zur Umweltverträglichkeit auch Einfluss auf die Zulassung oder Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs. Insoweit ist bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Gesetzmäßigkeit und Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeugs für die Kaufentscheidung eines potentiellen Käufers von wesentlicher Bedeutung ist, ohne dass es darauf ankommt, ob der Käufer sich konkrete Vorstellungen über die für die Zul...

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