“ … Mit dem angefochtenen Urt. hat das AG Heidelberg wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit im selbstständigen Verfallsverfahren gegen den Verfallsbeteiligten den Verfall von 857 EUR angeordnet.

Hiergegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde des Verfallsbeteiligten, mit der Verfahrensrügen erhoben und sachlich-rechtliche Einwendungen vorgebracht werden.

Die Überprüfung des Urt. auf die damit erhobene Sachrüge offenbart Rechtsfehler, die zur Aufhebung des Urt. und Zurückverweisung der Sache führen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

Ein durchgreifender Mangel besteht bereits darin, dass das Urt. nicht hinreichend erkennen lässt, wen der Tatrichter als Täter der mit Geldbuße bedrohten Handlung angesehen hat, die Grundlage der Verfallsanordnung ist (§ 29a Abs. 1 und 2 OWiG). Als die mit Geldbuße bedrohte Handlung ist in dem Urteil das Befahren einer Autobahn unter Verstoß gegen die zulässige Gesamthöhe (§ 18 Abs. 1 StVO) bezeichnet, ohne dass aber festgestellt wird, wer diese Handlung begangen hat. Ohne diese Feststellung ist dem Senat aber nicht die Möglichkeit zur Prüfung eröffnet, ob die Voraussetzungen für die Durchführung des selbstständigen Verfallsverfahrens gem. § 29a Abs. 4 OWiG im vorliegenden Fall gegeben sind (vgl. dazu OLG Zweibrücken NStZ-RR 2010, 256). Dazu reicht die im angefochtenen Urt. getroffene Feststellung, dass gegen den Verfallsbeteiligten (im Urteil als Betr. bezeichnet) kein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde, nicht aus.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Die Höhe des Verfallsbetrags ist gem. § 29a Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 OWiG am Wert des Erlangten (“etwas’) auszurichten und nach dem Bruttoprinzip zu ermitteln (BayObLG NStZ 2000, 537; NStZ-RR 1997, 339; OLG Zweibrücken a.a.O.; OLG Celle DAR 2011, 642, 643 m.w.N.). Erfasst wird damit jeder wirtschaftliche Vorteil, der für eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder aus ihr erlangt wird. Die Ermittlung des Wertes des Erlangten unter Berücksichtigung des Bruttoprinzips bedeutet, dass nicht nur der Gewinn, sondern grds. alles, was der Drittbegünstigte für die Tat oder aus ihr erlangt hat, bei der Ermittlung des Verfallsbetrags in Ansatz zu bringen ist, und dass mit der Tat verbundene Aufwendungen nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen sind (OLG Celle, a.a.O.; BayObLG NStZ-RR 1997, 339, 340; Thole, NZV 2009, 64, 65; vgl. auch BGHSt 47, 260, 265 sowie BGHSt 47, 369, 371; BVerfGE 110, 1 ff. = NJW 2004, 2073, 2075 f. zu den mit der Einführung des Bruttoprinzips verfolgten Zielen des Gesetzgebers). Entscheidend ist danach der Wert des dem Drittbegünstigten gerade durch die Ordnungswidrigkeit zugeflossenen Vermögenszuwachses oder der Wert der durch die Tat ersparten Aufwendungen. Erforderlich ist dabei eine unmittelbare Kausalbeziehung zwischen der Tat und dem Vorteil (OLG Stuttgart, Die Justiz 2009, 107, 108; Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 29a Rn 10 m.w.N.). Aus dem Erfordernis der unmittelbaren Kausalbeziehung folgt, dass der durch die Anordnung des Verfalls abgeschöpfte Wert spiegelbildlich dem erzielten Vermögensvorteil entsprechen muss (vgl. zum Ganzen OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.12.2011 – 3 (4) SsBs 594/11; Beschl. v. 23.1.2012 – 1 (9) SsBs 661/11 und Beschl. v. 5.9.2012 – 1 (9) SsBs 396/12).

Soweit dem Drittbegünstigten für die rechtswidrige Tat ein Entgelt tatsächlich zugeflossen ist, ist zunächst dieses (ggf. ohne darin enthaltene Umsatzsteuer) als das durch die Tat Erlangte zugrunde zu legen (OLG Celle a.a.O.; OLG Zweibrücken a.a.O.), jedenfalls dann, wenn der Transport nicht erlaubnisfähig war (OLG Koblenz a.a.O.). Ansonsten ist auf durch die rechtswidrige Tat unmittelbar ersparten Aufwendungen abzustellen, hier für die Durchführung eines zweiten Transports (OLG Koblenz a.a.O.; vgl. zur Berechnung im Einzelnen Retemeyer, wistra 2012, 56, 58 f.; Thole a.a.O.)

Entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung vertretenen Auffassung sind bei der Ermittlung und Bestimmung des Wertes des durch die mit Geldbuße bedrohte Handlung oder des aus ihr Erlangten so genannte “rechtmäßige hypothetische’ Kausalverläufe nicht zu berücksichtigen (OLG Zweibrücken a.a.O.; OLG Celle a.a.O.; ablehnend auch Thole, NZV 2009, 64, 65; a.A, Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2003, Rn 195 f. und – nicht tragend – OLG Koblenz Beschl. v. 28.9.2006 – 1 Ss 247/06, juris). Eine solche einengende Auslegung widerspräche dem vom Gesetzgeber mit dem Institut des Verfalls und der Einführung des Bruttoprinzips verfolgten Ziel, den Anreiz für gewinnorientierte Ordnungswidrigkeiten zu reduzieren und dem von der Maßnahme Betr. das Risiko der Korrektur irregulärer Vermögenszuordnungen zu überbürden (BVerfG a.a.O). Eine Aufspaltung der Fahrt in einen “legalen Sockel’ und eine “rechtswidrige Spitze’ zur Ermittlung des Verfallsbetrags scheidet (vgl. OLG Celle a.a.O.; OLG Karlsruhe a.a.O.).

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung erkennen lassen muss, dass der Tatrichter sich des Umstands bewusst war, dass er im Rahmen des § 2...

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