"[12] Die zulässige Beschwerde ist begründet. Dem Antrag des Kl. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren ist zu entsprechen.

[13] Nach § 114 S. 1 ZPO i.V.m. § 166 VwGO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Entscheidungsreife der Prozesskostenhilfe-Sache, maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Bedürftigkeit der Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. BayVGH vom 6.8.1996 NVwZ 1997, 501; HessVGH vom 27.1.2010, DÖV 2010, 452; Geiger in Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 166 RdNrn. 40, 41 m.w.N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme ein (vgl. BVerwG vom 12.9.2007 AuAS 2008, 11).

[14] Der Kl. hat seine Bedürftigkeit mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachgewiesen. Die Klage hat zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Entscheidungsreife – hier im Mai 2010 – hinreichende Aussicht auf Erfolg.

[15] Nach gefestigter Rspr. des BVerfG gebietet Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Die Rechtsverfolgung darf daher nicht in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren verlagert werden und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten. Die Fachgerichte überschreiten den ihnen zukommenden Entscheidungsspielraum insbesondere dann, wenn sie Prozesskostenhilfe verweigern, obwohl die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG vom 8.12.2009 NJW 2010, 1129). Die Entscheidung, ob die Anfechtungsklage des Kl. begründet ist, hängt von der Beantwortung schwieriger, obergerichtlich noch nicht abschließend geklärter Rechtsfragen ab.

[16] Die Anfechtungsklage des Kl. ist zulässig. Der Kl. hat gegen den Feststellungsbescheid des Bekl. vom 9.4.2009 innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO Klage erhoben. Soweit die dem Bescheid vom 9.4.2009 beigefügte Rechtsmittelbelehrung dem Kl. wahlweise die Möglichkeit einräumte, Widerspruch einzulegen oder unmittelbar Klage zu erheben, war diese Rechtsmittelbelehrung falsch. Die Wahlmöglichkeit ist nach Art. 15 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Nr. 6 AGVwGO nur eröffnet, wenn es sich um eine "personenbezogene Prüfungsentscheidung" handelt. Eine personenbezogene Prüfungsentscheidung hat der Senat angenommen, wenn mit der Entscheidung eine eigenverantwortliche Eignungsüberprüfung des Betroffenen durch die Behörde stattfindet (vgl. grundlegend BayVGH vom 7.8.2008 BayVBl 2009, 111). Die Prüfung, ob ein ausländischer Führerschein nach § 28 Abs. 4 FeV anzuerkennen ist, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Eine Prüfung der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers findet beim Erlass des feststellenden Verwaltungsaktes gem. § 28 Abs. 4 S. 2 FeV gerade nicht statt.

[17] Der Bekl. hat in der Begründung des Bescheids vom 9.4.2009 ausgeführt, dass sich die Nichtberechtigung des Kl., mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, unmittelbar aus § 28 Abs. 4 FeV ergibt und es einer Entziehungs- bzw. Aberkennungsverfügung nicht bedarf. Dies entspricht der st. Rspr. des Senats (vgl. BayVGH vom 7.8.2008 DAR 2008, 662; vom 27.5.2010 SVR 2010, 313; vgl. auch VGH Baden-Württemberg vom 9.9.2008 DAR 2008, 660 [Ls in zfs 2008, 661]; OVG Rheinland-Pfalz vom 1.7.2009 DVBl 2009, 1118). Allerdings vertritt das OVG NRW hierzu eine abweichende Auffassung (vgl. z.B. Beschl. vom 12.1.2009 DAR 2009, 159 [vgl. hierzu zfs 2009, 240]). Der Senat hat daher gegen sein Urt. vom 27.5.2010 (a.a.O.) die Revision wegen grds. Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Anhängige Berufungsverfahren wurden bzw. werden im Hinblick auf das beim BVerwG unter dem Az. 3 C 25.10 anhängige Revisionsverfahren ausgesetzt und den Betroffenen für Klagen, bei denen es entscheidungserheblich auf diese Rechtsfrage ankommt, bei Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe bewilligt (vgl. z.B. BayVGH vom 17.8.2010 Az. 11 C 10.1454).

[18] Weiter hält der Senat die vom VG bejahte Rechtsfrage, dass sich die fehlende Berechtigung des Kl., fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, neben der Tatsache, dass in seinem ursprünglichen Führerscheindokument ein deutscher Wohnsitz eingetragen war, zusätzlich aus der vom 19.6.1996 bis 18.6.1999 vom Strafgericht verhängten isolierten Sperrfrist ergibt, weder für einfach noch für abschließend geklärt.

[19] Die tschechische Fahrerlaubnis der Klassen A und B wurde dem Kl. am 7.4.2005 erteilt. Das anzuwendende Ge...

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