Aus den Gründen: „Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung des beklagten Landes sind zulässig (zur Beschwer des beklagten Landes vgl. Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., vor § 511, Rn 26 a). Die Berufung des Klägers ist auch begründet, während die Anschlussberufung des beklagten Landes als unbegründet zurückzuweisen ist.

Gegenstand der Berufung des Klägers ist ein Zahlungsanspruch in Höhe von 3.000 EUR. Da der Kläger in erster Instanz beantragt hatte, das beklagte Land zur Zahlung von 4.000 EUR zu verurteilen, war die Klage teilweise abzuweisen.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG auf immaterielle Entschädigung.

a) Die Haftbedingungen des Klägers in der JVA B wurden dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht gerecht. Innerhalb der mit zwei Gefangenen belegten, lediglich 9,09 qm Gemeinschaftszelle, die nicht über eine baulich abgetrennte Toilette verfügte, konnte der Kläger nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren (Senatsentscheidung v. 19.7.2005, NJW-RR 2005, 1267). Die Unterbringung des Klägers war somit bis zu dem Zeitpunkt, als er in eine Einzelzelle verlegt wurde, rechts- und amtspflichtswidrig.

b) Dem steht auch § 201 Nr. 3 StVollzG nicht entgegen. Danach ist zwar abweichend von § 18 StVollzG bei bestimmten Justizvollzugsanstalten eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen zulässig; die Vorschrift rechtfertigt jedoch keinesfalls eine Gemeinschaftsunterbringung unter menschenunwürdigen Umständen.

c) Zu Recht hat das LG, auf dessen Ausführungen Bezug genommen wird, eine schuldhafte Amtspflichtverletzung bejaht. Sowohl die Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes als auch die Rspr. zu den Erfordernissen einer menschenwürdigen Unterbringung in Justizvollzugsanstalten waren vor der Zuweisung des Klägers in die JVA B hinlänglich bekannt und hätten Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Ein Mangel an Einzelhaftplätzen stellt keinen hinreichenden Grund dafür dar, geltendes Recht zu unterlaufen (BGHZ 161, 33). Das beklagte Land hat es unterlassen, rechtzeitig geeignete Vorkehrungen zu treffen, sodass insoweit zumindest der Vorwurf des Organisationsverschuldens begründet ist. Dass die vor Ort tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben mögen, vermag das Land ebenfalls nicht zu entlasten (BGHZ 161, 33).

d) Aus der Feststellung einer Verletzung des Rechts aus Art. 1 Abs. 1 GG folgt nicht zwangsläufig, dass dem Betroffenen eine Geldentschädigung zuzusprechen ist. Ein solcher Anspruch auf Geldentschädigung besteht nur dann, wenn die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann; erforderlich ist auch, dass der Eingriff in die Menschenwürde ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Bei der Beurteilung dieser Frage ist auf die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie den Grad des Verschuldens abzustellen.

Wie der Senat bereits in der Entscheidung v. 19.7.2008 (NJW-RR 2005, 1267) festgestellt hat, hängt die Frage, ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwer wiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, von den Umständen des Einzelfalles ab, wie z.B. der Dauer der Behandlung, ihren physischen und psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen verstärkt werden kann.

Da der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der schwer wiegenden Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts die Darlegungs- und Beweislast trägt, der Nachweis innerer Sachverhalte aber erheblichen Schwierigkeiten begegnet, ist bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen. Erforderlich ist, dass der Kläger gegenüber den Bediensteten der Justizvollzugsanstalt B deutlich gemacht hat, dass er seine konkrete Situation mit den gegebenen Haftbedingungen als nicht hinnehmbar empfand.

Der Kläger hat ein Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft v. 27.10.2006 vorgelegt, in dem diese in einem den Mitgefangenen des Klägers betreffenden Rechtsstreit bestätigt hat, dass der Kläger bereits zu Beginn seiner Inhaftierung mündlich die Einzelunterbringung beantragte. Dies wird auch bestätigt durch den im Prozesskostenhilfe-Verfahren des Klägers eingereichten Schriftsatz der Generalstaatsanwaltschaft v. 7.11.2006, in dem vorgetragen wird, dass der Kläger auf Grund eines mündlich gestellten Antrags auf Verlegung in einen Einzelhaftraum umgehend auf eine Warteliste gesetzt worden sei.

Darüber hinaus hat der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nachgewiesen, dass er nach seinem gleich am ersten Tag gestellten mündlichen Antrag sich in de...

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