Der wegen behaupteter menschenunwürdiger Unterbringung in Strafhaft geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist weder auf den Ersatz eines Vermögensschadens, noch auf ein Schmerzensgeld gerichtet. Vielmehr wird er aus Art. 1 und Art. 2 I GG als eigenständiger Anspruch wegen Persönlichkeitsverletzung abgeleitet. Die Zubilligung eines Geldentschädigungsanspruchs beruht auf dem Gedanken, dass ohne seine Zuweisung die Verletzung der Würde und Ehre des Betroffenen sanktionslos bliebe. Diese Begründung des Anspruchs auf Sanktion der Persönlichkeitsverletzung hat auch die weiterer Konsequenz, dass abweichend von den Bemessungsfaktoren des Schmerzensgeldes die Genugtuungsfunktion im Mittelpunkt der Bemessung steht (vgl. BGHZ 161, 33 (36); BGHZ 128, 1 (15); vgl. auch BVerfG NJW 2000, 2187). Die Rspr. geht jedoch nicht von einem Automatismus des Inhalts aus, dass bereits jede Beeinträchtigung der Würde und Ehre der Persönlichkeit einen Anspruch auf eine Geldentschädigung auslöst. Neben einer Mindestschwere der Beeinträchtigung ist auch eine umfassende Würdigung der Umstände vorzunehmen (vgl. BGHZ 128, 1 (12); BGHZ 161, 33 (37); OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1267 (1268). Gerade die Bedingungen der Strafhaft sind häufig mit Beeinträchtigungen der Persönlichkeit der Strafgefangenen verbunden (vgl. BVerfGE 45, 187; BVerfG NStZ 1993, 404 (405). So wurde leicht nachvollziehbar eine Verletzung der Menschenwürde eines Strafgefangenen darin gesehen, dass die von ihm bewohnte Zelle mehrmals mit Fäkalien verunreinigt war, Abhilfe nicht geschaffen wurde und er deshalb mit aufkommendem Ekel kämpfte (vgl. BVerfG NStZ 93, 404 (405). Angesichts der Überbelegung von Haftanstalten und der Nichtbeachtung des § 18 Abs. 1 S. 1 StVollzG, wonach ein Strafgefangener einen Anspruch auf eine Einzelzelle habe, ist die Gefahr von Verletzungen der Menschenwürde etwa wegen der Beobachtungsmöglichkeit bei Benutzen der Toilette deutlich gesteigert. Gleichwohl kann etwa aus einer Verletzung des § 18 Abs. 1 S. 1 StVollzG nicht regelhaft abgeleitet werden, dass die darin liegende Verletzung der Menschenwürde einen Entschädigungsanspruch nach sich ziehe (vgl. BGH NJW 2006, 306 = NStZ 2006, 57; BGH NStZ 2007, 172). Das würde zum einen Begehrlichkeiten von Strafgefangenen wecken, die in der Sache dann nicht zu billigen sind, wenn die Gestaltung des Vollzuges auf einen Ausgleich dieser menschenunwürdigen Haftbedingungen gerichtet ist. Die Möglichkeit des Aufenthaltes des Strafgefangenen in nur teilgeschlossenem Vollzug, arbeitsbedingte Abwesenheit und die ihm eingeräumte Möglichkeit bei der Auswahl des Mithäftlings können den Anspruch auf eine Entschädigung ausschließen.

Der von dem Senat aus § 242 BGB abgeleitete Ausschluss der Aufrechnung des Justizfiskus aus dem Strafverfahren gegen den Anspruch auf Entschädigung wegen menschenwürdiger Unterbringung vermeidet, dass der dem Häftling zustehende Anspruch im Regelfall zu versagen ist. Überwiegend sind die Kosten des Strafverfahrens nicht ausgeglichen und übersteigen die doch eher maßvollen Ansprüche des Häftlings wegen Verletzung seiner Menschenwürde. Eine Aufrechnung würde dem Genugtuungsgedanken, der für die Bemessung der Geldentschädigung maßgeblich ist, nicht entsprechen.

RiOLG Heinz Diehl, Frankfurt am Main

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