[21] II. Die Berufung ist zulässig und begründet.

[22] 1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Hauptanspruch nach den §§ 437 Nr. 2, 3, 323 Abs. 1, 346, 348, 440, 280, 281, 283, 311a, 284 BGB i.V.m. § 434 BGB zu.

[23] a) Die Kaufsache war bei Gefahrübergang mangelhaft i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB.

[24] Mindestens hinsichtlich des reparierten Unfallschadens liegt ein anspruchsbegründender Mangel vor.

[25] Dass der vom Kläger gekaufte Oldtimer einen (unvollständig reparierten) Unfallschaden aufweist, steht für die Berufungsinstanz gemäß § 314 Satz 1 ZPO bindend fest.

[26] aa) Der Tatbestand des Ersturteils liefert nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei im erstinstanzlichen Verfahren (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1995 – V ZR 179/94, WM 1996, 89, 90; Urt. v. 2.2.1999 – VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; Versäumnisurt. v. 15.6.2000 – III ZR 305/98, WM 2000, 1548, 1549; Urt. v. 28.6.2005 – XI ZR 3/04, juris; OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 5.10.2018 – 8 U 203/17, NJOZ 2019, 901, 903). Diese Beweiswirkung erstreckt sich auch darauf, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht (OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.11.2020 – 26 U 64/20, Rn 50, juris; vgl. BGH, Urt. v. 17.5.2000 – VII ZR 216/99, WM 2000, 1871, 1872; Urt. v. 28.6.2005 – XI ZR 3/04, juris; BAG, Urt. v. 18.9.2003 – 2 AZR 498/02, NJW 2004, 1061, 1062). Daher ist eine im Tatbestand des angefochtenen Urteils als unstreitig dargestellte Tatsache selbst dann, wenn sie in den erstinstanzlichen Schriftsätzen tatsächlich umstritten war, als unstreitig und als für das Berufungsgericht bindend anzusehen, wenn der Tatbestand nicht berichtigt worden ist (OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.11.2020 – 26 U 64/20, Rn 50, juris; vgl. BGH, Beschl. v. 24.6.2010 – III ZR 277/09, juris; Urt. v. 6.6.2012 – VIII ZR 198/11, NJW 2012, 2659, Tz. 17; Urt. v. 18.7.2013 – III ZR 208/12, MDR 2013, 1115; OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 24.5.2016 – 8 U 159/14, juris; Urt. v. 5.10.2018 – 8 U 203/17, NJOZ 2019, 901, 903).

[27] Das Landgericht hat im unstreitigen Teil des Tatbestands seines Urteils ausgeführt, dass der Pkw im Zeitpunkt der Übergabe einen reparierten Unfallschaden auf der rechten Fahrzeugseite, am Motor zwei Kolbenklemmer, eine defekte Zylinderkopfdichtung (im landgerichtlichen Urteil offensichtlich lediglich diktatfehlerhaft als "Zünderkopfdichtung" bezeichnet), einen gerissenen Zylinderkopf, ein defektes Kühlsystem und zugespachtelte Durchrostungen im Heckbereich aufgewiesen habe. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat keine Partei gestellt.

[28] Die daraus folgende Bindungswirkung ist auch nicht ausnahmsweise durchbrochen.

[29] (1) Die Bindungswirkung des Urteilstatbestandes nach § 314 ZPO fehlt insbesondere dann, wenn und soweit die tatbestandlichen Feststellungen Widersprüche, Lücken und Unklarheiten aufweisen und sich diese Mängel aus dem Urteil selbst ergeben (BAG NJW 2018, 571, 572; BGH VersR 2014, 1095; Dute NJW 2022, 359, 360).

[30] Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.

[31] (2) Soweit in der Klageerwiderung vom 30.10.2019 heißt, den Beklagten seien weitere Schäden – insbesondere Unfallschäden – "nicht bekannt", und in seinem Schriftsatz vom 17.1.2020 von einem "vermeintlichen" Unfall und einem "vermeintlichen" Motorschaden die Rede ist, könnte es sich zwar um ein Bestreiten handeln. Daraus folgt gegebenenfalls jedoch keine Widersprüchlichkeit, die die Bindungswirkung des Tatbestandes entfallen lassen könnte.

[32] Die Bindungswirkung unstreitiger tatbestandlicher Feststellungen für die übergeordnete Instanz folgt aus den eigentlichen Feststellungen im unstreitigen Tatbestand und auch aus "tatbestandlichen" Feststellungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils; dabei geht der Tatbestand davon inhaltlich abweichenden Schriftsätzen, soweit der Tatbestand nicht darauf konkret Bezug nimmt, vor (vgl. BGH, Urt. v. 8.1.2007 – II ZR 334/04, Rn 11; Dute NJW 2022, 359; vgl. auch BGH, Beschl. v. 24.11.2009 – VII ZR 31/09, BauR 2010, 493 f. Rn 9, wonach Bestreiten von im Tatbestand als unstreitig dargestellter Tatsachen präkludiertes neues Vorbringen ist). Tatbestandliche Feststellungen im Urteil, die konkret auf schriftsätzliches Vorbringen Bezug nehmen (z.B. "… hat der Beklagte in der Klageerwiderung nicht bestritten"), sich aber davon unterscheiden (z.B. steht in der Klageerwiderung: "Die Beklagte bestreitet, dass …"), entfalten als mithin widersprüchlich diesbezüglich keine Bindungswirkung (BGH, Urt. vom 16.12.2010 – I ZR 161/08, Rn, 12 = NJW 2011, 1513, Rn 12; Urt. v. 14.10.1988 – V ZR 73/87, Rn 21). Eine bloße allgemeine Bezugnahme auf die gewechselten Schriftsätze reicht hingegen nicht aus, um einen die Bindungswirkung des Tatbestands durchbrechenden Widerspruch zu begründen (BGH, Urt. v. 14.10.1988 – V ZR 73/87, Rn 21; v. 20.9.1983 – VI ZR 111/82, Rn 15; Dute NJW 2022, 359, 360).

[33] Nach dieser Maßgabe liegen hier auch keine Widersprüche durch Bezugnahmen vor, welche die Bindungswirkung durchbrechen könnten. Konkrete Bezugnahmen enthält das...

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