VVG § 125; ARB 2012 2.2 (2)

Leitsatz

Eine Ausschlussklausel in der Rechtsschutzversicherung für "Streitigkeiten über den Zugang zum Hochschulstudium" erfasst auch Rechtsstreitigkeiten über die Zuweisung eines Studienplatzes ("Kapazitätsklagen").

OLG Karlsruhe, Urt. v. 21.9.2018 – 12 U 86/18

Sachverhalt

Die Parteien streiten um Ansprüche auf Erstattung von der Kl. im Zusammenhang mit mehreren verwaltungsgerichtlichen Kapazitätsklagen und Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz entstandenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten aufgrund eines Rechtsschutzversicherungsvertrages.

Zwischen der Kl. und der A besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, auf den die ARB 2012 Anwendung finden. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

"(…) Ziffer 2.2: Welche inhaltlichen Ausschlüsse gibt es?"

(2) Ausschluss bestimmter Rechtsangelegenheiten

Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen (…)

j) wegen Streitigkeiten über den Zugang zum Hochschulstudium; (…)“

Die Bekl. ist das Schadensabwicklungsunternehmen der A. Die Kl. beauftragte die RAe Dr. S. & B. zur gerichtlichen Geltendmachung der Zuweisung eines Studienplatzes in Humanmedizin im klinischen Abschnitt. Diese erbaten bei der Bekl. mit Schreiben vom 16.10.2014 Kostendeckung für Verfahren gegen die Hochschulen M, T und W zwecks Zuweisung eines Studienplatzes im Wintersemester 2014/2015. Die Bekl. lehnte die Kostendeckung ab. Bei keiner dieser drei Hochschulen konnte über die geführten Verfahren eine Studienplatzzuweisung erreicht werden. Deshalb beauftragte die Kl. die RAe Dr. S. & B., ihre früheren Prozessbevollmächtigten, Kapazitätsklageverfahren für den Erhalt eines Studienplatzes im Folgesemester gegen die Hochschulen J, M, T und S und zum Wintersemester 2015/2016 gegen die Hochschulen J, M, M und S zu führen. Mit Schreiben vom 21.9.2015 beantragten die früheren Prozessbevollmächtigten erneut Kostendeckung. Die Bekl. lehnte eine solche mit Schreiben vom 24.9.2015 erneut ab. Die Kl. verlangt von der Bekl. Erstattung der von ihr aufgewandten Gerichts- und Rechtsanwaltskosten.

2 Aus den Gründen:

"… In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der Senat folgt (…) den Ausführungen des LG. Danach besteht kein Rechtsschutz für verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten über die Vergabe von Studienplätzen für das Fach Humanmedizin."

1. Nach Ziffer 2.2 (2) j) ARB besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen wegen Streitigkeiten über den Zugang zum Hochschulstudium kein Versicherungsschutz. Danach scheiden Erstattungsansprüche der Kl. deshalb aus, weil auch die hier geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten für die verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der Ausschlussklausel in Ziffer 2.2 (2) j) ARB erfasst werden. Der Senat erachtet – wie auszuführen sein wird – den Anwendungsbereich der Ausschlussklausel für gegeben.

2. Dem Einwand der Kl., die Ausschlussklausel greife deshalb nicht ein, weil es sich bei dem Begriff “Zugang zum Hochschulstudium' um einen feststehenden Rechtsbegriff handele, der gerade Zulassungsbeschränkungen wegen begrenzter Kapazität nicht umfasse, vermag der Senat nicht zu folgen.

Nach st. Rspr. des BGH sind AVB nicht gesetzesähnlich, sondern so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. (wird ausgeführt)

3. Gemessen hieran ist bei dem Begriff “Zugang zum Hochschulstudium' schon nicht von einem fest umrissenen Rechtsbegriff auszugehen, der nur die allgemeine Hochschulreife und andere Qualifikationsvoraussetzungen als Zugangskriterium für ein Hochschulstudium umfasst, nicht aber die Zulassung zum Studium. Eine Legaldefinition des Begriffs gibt es nicht. Das HRG regelt im 2. Kapitel die “Zulassung zum Studium' und definiert nachfolgend in §§ 27 ff. HRG die Allgemeinen Voraussetzungen. In § 27 Abs. 1 HRG wird innerhalb des Kapitels “Zulassung zum Studium' geregelt, dass jeder Deutsche zu dem von ihm gewählten Hochschulstudium “berechtigt' ist, wenn er die für das Studium erforderliche Qualifikation nachweist; S. 3 betrifft Zugangshindernisse nach Landesrecht. In § 27 Abs. 2 HRG wird der Nachweis für den Zugang zu einem Studium definiert. In § 29 HRG wird im Rahmen der Ausbildungskapazitäten der Begriff der Zulassung verwendet.

Der in der Überschrift des 2. Kapitels des HRG verwendete Begriff der “Zulassung zum Studium' stellt damit sowohl auf die persönliche Qualifikation – insb. Abschluss einer auf das Studium vorbereitenden Schulbildung – als auch auf die Zulassung nach Maßgabe der Kapazität ab.

Es ist danach zwar richtig, dass im Gesetz zwischen den Begriffen “Zugang' und “Zulassung' unterschieden wird und der Begriff “Zugang' zum Studium die Qualifikation und der Begriff “Zulassung' die Kapazität und sonstigen Formalien für die Berechtigung zum Studium an einer Hochschule betrifft. Schon das HRG hält die begriffliche Differenzierung aber nicht konsequent durch.

Auch die Verwendung der Begriffe in der Rspr. und juristischen Literatur führt nicht zur Annahme v...

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