Das BfJ darf die Bewilligung zur Vollstreckung nur erteilen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die in §§ 87, 87a IRG festgelegt sind. Dabei sind die meisten Kriterien von Amts wegen zu berücksichtigen, einige Tatbestände muss der Betroffene im Anhörungsverfahren geltend machen.

Wenn im Anhörungsverfahren eine Stellungnahme abzugeben ist, sind folgende Punkte durchzuprüfen (die anschließend an die Aufzählung erläutert werden):

  • Liegt eine gerichtliche Entscheidung vor oder bestand die Möglichkeit die behördliche Entscheidung durch ein Strafgericht prüfen zu lassen? (a)
  • Liegt eine Geldsanktion i.S.d. RBGeld vor? (b)
  • Liegt die ausländische Entscheidung im Original oder in beglaubigter Abschrift vor und ist das im RBGeld vorgesehene Formblatt vollständig und zutreffend ausgefüllt? (c)
  • Ist der Verstoß als verkehrsrechtlicher Verstoß einschließlich der Lenk- und Ruhezeiten sowie des Gefahrgutrechts zu qualifizieren? (d)
  • Wurde die Tathandlung in Deutschland begangen und ist sie hier nicht strafbar oder bußgeldbewehrt? (e)
  • Wurde die zu vollstreckende Geldsanktion oder die Sanktion eines anderen Mitgliedstaats, die wegen derselben Tat verhängt wurde, bereits bezahlt oder vollstreckt? (f)
  • Beträgt der Gesamtwert der zu vollstreckenden Geldsanktion mind. 70 EUR? (g)
  • Hatte der Betroffene Gelegenheit sich zur Sache zu äußern und wurde er darüber belehrt? (h)
  • Beruht die Geldsanktion auf einer verschuldensunabhängigen Halterhaftung? (i)
  • Wäre nach deutschem Recht Vollstrechungsverjährung eingetreten? (j)
  • War der Betroffene zum Zeitpunkt der Tat auf Grund seines Alters strafrechtlich nicht verantwortlich? (k)
  • Verstößt die Vollstreckung gegen den europäischen ordre public oder gegen Immunitäts- oder Indemnitätsvorschriften? (l)

(a) Gem. § 87 Abs. 2 IRG kann eine in einem EU-Mitgliedstaat rechtskräftig verhängte Geldsanktion im Inland vollstreckt werden, wenn die Entscheidung

  • von einem Strafgericht im ersuchenden Mitgliedstaat wegen einer nach dessen Recht strafbaren oder ordnungswidrigen Tat getroffen wurde, oder
  • von einer nicht gerichtlichen Stelle im ersuchenden Mitgliedstaat wegen einer nach dessen Recht strafbaren oder ordnungswidrigen Tat getroffen wurde, sofern gegen diese Entscheidung ein auch für Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden konnte.

Die abschließende Aufzählung lässt nur die Vollstreckung solcher Entscheidungen zu, die entweder von Strafgerichten gefällt wurden oder – wenn es sich um nicht gerichtliche Stellen (z.B. die Polizeipräfektur in Frankreich) handelt – bei denen die Überprüfung durch ein Strafgericht offen stand. Reine Verwaltungsentscheidungen, die nur einen verwaltungsinternen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung durch Verwaltungsgerichte vorsehen, können daher nicht vollstreckt werden. Unerheblich ist, ob der Verstoß als Straftat oder Ordnungswidrigkeit geahndet wurde.

(b) Der Begriff der Geldsanktion ist in § 87 Abs. 3 IRG definiert. Dazu zählen neben der Geldstrafe oder der Geldbuße auch die Verfahrenskosten sowie Zahlungen an eine öffentliche Kasse oder an eine Organisation zur Unterstützung von Opfern. Verfahrenskosten können nur vollstreckt werden, wenn sie als Folgeentscheidung einer Geldstrafe oder Geldbuße verhängt wurden. Isolierte Kostenentscheidungen sind ebenso wenig vollstreckbar, wie Kostenentscheidungen, die Folge des Ausspruchs einer Gefängnisstrafe sind.[6] Vollstreckbar sind auch Zahlungen an die Opfer, wenn diese nur die Möglichkeit hatten, diese Zahlungen im Wege des Strafverfahrens durchzusetzen.

Keine Geldsanktionen sind gem. § 87 Abs. 3 IRG Anordnungen über die Einziehung von Tatwerkzeugen oder von Erträgen aus Straftaten sowie Schadensersatzansprüche der Opfer, wenn den Opfern auch der Weg zu den Zivilgerichten offen stand. Dies gilt auch dann, wenn über die Schadensersatzansprüche im Strafverfahren entschieden wurde.

(c) § 87a IRG schreibt vor, welche Unterlagen dem BfJ vorgelegt werden müssen, damit dort das Verfahren eingeleitet werden darf.[7] Es handelt sich um das Original der zu vollstreckenden Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift hiervon und die von der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates ausgefüllte und unterzeichnete Bescheinigung[8] entsprechend dem Formblatt, das im Anhang des RBGeld vorgegeben wurde, im Original. Ist die Bescheinigung unvollständig oder entspricht sie offensichtlich nicht der Entscheidung, ist die Vollstreckung gem. § 87b Abs. 3 Nr. 1 IRG unzulässig. Nach dem Wortlaut von § 87a IRG muss die Bescheinigung im Original vorgelegt werden. Eine Kopie oder ein Fax ist nicht ausreichend.[9] Die Bescheinigung muss zudem in deutscher Sprache abgefasst sein oder eine beglaubigte Übersetzung enthalten, weil Deutschland die in Art. 16 Abs. 1 RBGeld vorgesehene Erklärung nicht abgegeben hat, wonach auch andere Amtssprachen akzeptiert werden.[10]

(d) § 87b Abs. 1 S. 2 IRG stellt klar dass auch bei der Vollstreckung von Geldsanktionen grds. der allgemeine Grundsatz des internationalen Strafrechts gilt, wonach die Vollstreckung in Deutschlan...

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