BGB §§ 844 Abs. 2, 845, 1619; ZPO § 256

1. Bei der Mitarbeit eines erwachsenen Kindes im elterlichen Betrieb spricht im Allgemeinen das Bestreben nach Selbstständigkeit und sozialer Absicherung sowie der Wunsch nach einem festen monatlichen Einkommen gegen die rechtliche Einordnung der Mithilfe als familienrechtlich motiviert unentgeltlich.

2. Die Klage auf Feststellung der Pflicht zum Einsatz eines künftigen Unterhaltsschadens ist nur dann begründet, wenn die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und die künftige Leistungsfähigkeit es getöteten Unterhaltsschuldners auf Grund konkreter Anhaltspunkte möglich erscheinen und nicht gerade fern liegen.

OLG Thüringen, Urt. v. 3.12.2008 – 2 U 157/08

Der Kläger betreibt einen seit mehreren Generationen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Hauptgeschäftszweig der Hopfenanbau ist. Es handelt sich hierbei um den größten Hopfenanbaubetrieb Deutschlands. Der Betrieb hat seinen Hauptsitz in L, Bayern. Dort beschäftigt der Kläger 3 Arbeitskräfte. Zum dem Betrieb gehört zudem ein in Sch/Aue (Thüringen) belegener Betriebsteil. Hierbei handelt es sich um eine von der ehemaligen dortigen LPG abgekaufte Hopfenanlage mit Hallengebäude. Für den Hopfenanbau werden dort 21 Arbeitskräfte eingesetzt.

Der am 7.5.1982 geborene, infolge des Verkehrsunfallereignisses am 30.1.2002 verstorbene Sohn des Klägers absolvierte im elterlichen Betrieb eine Ausbildung zum Landwirt. Hierfür erhielt er eine monatliche Vergütung in Höhe von 510 EUR. Im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls befand er sich im 3. Ausbildungsjahr. Seine Ausbildung mit der Abschlussprüfung zum Beruf Landwirt wäre im Juli 2002 beendet gewesen. Danach war geplant, dass er eine 3-semestrige Landwirtschaftsschule im Zeitraum von November 2003 bis Ende März 2005 besucht. Innerhalb des vorbezeichneten Zeitraums hätte von November 2003 bis März 2004 und von November 2004 bis März 2005 Vollzeitunterricht stattgefunden und darüber hinaus im Zeitraum April 2004 bis August 2004 ein Praxissemester mit 15 Schulungstagen. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge war als Abschluss die Meisterprüfung zum 1.4.2006 vorgesehen.

Der Kläger hat noch 4 weitere Kinder.

Aus den Gründen:

“Die Beklagten haben Folgendes vorgetragen:

Entgegen den Feststellungen des LG könne man nicht davon ausgehen, dass der verstorbene Sohn des Klägers zum Hausstand seiner Eltern gehört habe. So reiche das Vorhandensein einer Schlafstelle im Büro des Betriebsteils S i.V.m. entsprechenden sanitären Einrichtungen durchaus aus, um eine Wohnung anzunehmen. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass der Verstorbene die Landwirtschaftliche Berufsschule in Sch/Thüringen besucht habe. Auf Grund der vorgelegten Berichtshefte des Verstorbenen ergebe sich im Übrigen, dass es entgegen der Auffassung der einvernommenen Zeugen nicht sein könne, dass der Verstorbene nur 1 bis 2 Tage in der Woche in Thüringen gewesen sei. Ein Betrieb mit 21 Arbeitskräften bedürfe im Übrigen der ständigen Führung und Beaufsichtigung durch den Betriebsinhaber. Auch sei es nicht so, dass der Verstorbene von seinen Eltern i.S.d. § 1619 BGB unterhalten worden sei. Zudem könne dem LG nicht darin gefolgt werden, dass eine Mitarbeit des Klägers auch nach Ausbildungsabschluss bis zum 7.5.2012 auf familienrechtlicher Grundlage stattgefunden hätte. Insbesondere habe die durchgeführte Beweisaufnahme nicht ergeben, dass der Verstorbene 10 Jahre lang bis zur Hofübernahme nur für ein Taschengeld für den Kläger gearbeitet hätte.

II. 1. Zur Berufung der Beklagten:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

Entgegen der Berufung der Beklagten steht dem Kläger dem Grunde nach gem. §§ 845, 1619 BGB ein Anspruch auf Ersatz entgangener Dienste zu. Jedoch erstreckt sich dieser Anspruch nicht auf den Zeitraum vom 31.1.2002 bis zum 7.5.2012, sondern lediglich bis zum 1.4.2006.

§ 845 BGB erfasst die gesetzliche Pflicht des Kindes, den Eltern in deren Hausstand und Geschäfte Dienste zu leisten (§ 1619 BGB). Die familienrechtliche Pflicht des Kindes, in Haus und Geschäft Dienstleistungen zu erbringen, besteht, solange das Kind dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird. Nach einer freilich schon älteren höchstrichterlichen Rspr. ist dies selbst dann nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn ein Kind, obwohl bereits volljährig und verheiratet, noch im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern mitarbeitet (BGH NJW 1958, 706, 707 f.; NJW 1972, 429, 430). Die Dienstleistungspflicht aus § 1619 BGB endet jedoch, wenn das Kind aus dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis ausscheidet oder wenn seine Mitarbeit nach dem Willen der Beteiligten auf eine eigene Rechtsgrundlage gestellt wird, insbesondere auf eine arbeits- oder gesellschaftsvertragliche Grundlage (vgl. BGH NJW 2001, 971, 973).

Für die Einordnung der Dienste, die das Kind erbringt, kommt es nicht auf deren Inhalt, Art oder Umfang an. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Dienste ihre Gru...

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