Aus den Gründen: „II. 13 Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der in § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG vorgesehene Punktabzug wegen der Teilnahme an einem Aufbauseminar hänge davon ab, welche der Verkehrsverstöße bereits zu dem nach Satz 4 maßgeblichen Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung unanfechtbar geahndet waren (sog. Rechtskraftprinzip), steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar setzen die Maßnahmen, die die Fahrerlaubnisbehörden nach § 4 Abs. 3 StVG beim Erreichen der dort genannten Punktzahlen zu treffen haben, rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße voraus. Doch bestimmt sich die Möglichkeit eines Punktabzugs für die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 4 StVG nicht danach, ob die Rechtskraft bereits zum nach Satz 4 maßgeblichen Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung eingetreten ist. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sind für das Erreichen der in § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG genannten Schwellen vielmehr die Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die zu diesem Stichtag begangen waren, auch wenn sie erst später rechtskräftig geahndet wurden (sog. Tattagprinzip). Die Urteile der Vorinstanzen sind daher zu ändern. Die Klage ist abzuweisen. Die der Kostenerhebung zugrunde liegende Verwarnung ist zu Recht gegen den Kläger ergangen.

14 1. Gem. § 6a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StVG werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen einschließlich Verwarnungen nach diesem Gesetz und den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. § 6a Abs. 2 StVG ermächtigt dazu, die gebührenpflichtigen Amtshandlungen sowie die Gebührensätze für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Gem. § 6a Abs. 3 Satz 1 StVG findet im Übrigen das Verwaltungskostengesetz – VwKostG vom 23. Juni 1970 (BGBl I S. 821), geändert durch Art. 41 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14.12.1976 (BGBl I S. 3341), Anwendung.

15 Nach § 1 Abs. 1 der u.a. auf § 6a Abs. 2 und 3 StVG gestützten Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 26. Juni 1970 (BGBl I S. 865) GebOSt ergeben sich die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze aus dem der Gebührenordnung als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr. Die Nummer 209 des Gebührentarifs sieht für Verwarnungen nach dem Punktsystem (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG) eine Gebühr in Höhe von 17,90 EUR vor. Aus der Nummer 400 des Gebührentarifs ergibt sich, dass für die Zurückweisung eines Widerspruchs eine Gebühr in Höhe der Gebühr für die angefochtene Amtshandlung, mindestens jedoch in Höhe von 25,60 EUR anfällt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt hat der Gebührenschuldner darüber hinaus als Auslagen die Entgelte für Zustellungen durch die Post zu tragen. Zur Zahlung der Kosten ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst hat.

16 Nach diesen Regelungen waren die erhobenen Kosten der Höhe nach gerechtfertigt.

17 2. Die Rechtswidrigkeit der vom Kläger angegriffenen Auferlegung von Kosten ergibt sich auch nicht aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG. Danach sind Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Die Verwarnung des Klägers ist zu Recht erfolgt.

18 a) Die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Verwarnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG lagen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vor. Nach den Sätzen 1 und 2 dieser Regelung hat die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen schriftlich zu verwarnen, wenn sich 14, aber nicht mehr als 17 Punkte ergeben und der Betroffene innerhalb der letzten fünf Jahre bereits an einem Aufbauseminar nach Absatz 8 teilgenommen hat. Gem. Satz 3 hat die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen unabhängig davon schriftlich auf die Möglichkeit einer verkehrspsychologischen Beratung nach Absatz 9 hinzuweisen und ihn darüber zu unterrichten, dass ihm bei Erreichen von 18 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird.

19 Schon nach allgemeinen rechtstaatlichen Grundsätzen versteht sich von selbst, dass den Maßnahmen, die die Fahrerlaubnisbehörde nach § 4 Abs. 3 StVG gegen Mehrfachtäter zu ergreifen hat, nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße zugrunde gelegt werden können. Dem tragen die in § 4 und § 28 StVG getroffenen Regelungen Rechnung.

20 Aus § 4 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 3 StVG folgt, dass nicht bereits die Begehung der Tat oder aber vor deren Unanfechtbarkeit das Ergehen eines Bußgeldbescheids oder einer strafgerichtlichen Verurteilung zu straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 StVG führen können. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 StVG sind für die Anwendung des Punktsystems die im Verkehrszentralregister nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 "zu erfassenden" Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nach der Schwere der Zuwiderhandlungen und nach ihren Folgen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s StVG zu bewerten. Der in Bezug genommene § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG ...

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