II. Die zulässige Berufung hat in der Sache vollumfänglich Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG auf Erstattung des Wiederbeschaffungsaufwandes in der geltend gemachten Höhe.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte dem Grunde nach im vollen Umfang für die Folgen des Verkehrsunfalls vom … 2020 einzustehen hat. Streit besteht zwischen den Parteien ausschließlich noch hinsichtlich der Schadenshöhe über die Frage, ob die Klägerin, die unstreitig im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes ausschließlich Neufahrzeuge und keine Gebrauchtfahrzeuge erwirbt, sich im Rahmen der fiktiven Abrechnung des Totalschadens einen ihr für Neufahrzeuge ein geräumten Großkundenrabatt anrechnen lassen muss, der vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen ist. Dies ist entgegen der Auffassung des Landgerichts zu verneinen.

Die Auffassung des Landgerichts, die Klägerin müsse sich einen auf Neupreise erzielbaren Rabatt anspruchsmindernd entgegenhalten lassen, lässt den Umstand unberücksichtigt, dass sich die Naturalrestitution vorliegend nicht auf die Anschaffung eines Neufahrzeugs richtet.

Die Anschaffung eines Neufahrzeugs entspräche nur dann ausnahmsweise dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn sie unter Berücksichtigung des Sonderrabatts günstiger wäre als die Anschaffung eines entsprechenden Gebrauchtwagens (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 19.1.2023 – 2 U 303/21, Rn 19, juris; sowie allgemein zur Geltung des Wirtschaftlichkeitsgebots auch bei der fiktiven Schadensabrechnung BGH, Urt. v. 26.5.2023 – VI ZR 274/22, Rn 10 ff., juris). Dies kann jedoch vorliegend nicht festgestellt werden. Zwar hat die insoweit darlegungs und beweisbelastete Beklagte behauptet, dass die Klägerin auf Neuwagen Rabatte von mindestens 20 % erhalte und daher der von ihr bisher regulierte Wiederbeschaffungswert sogar über dem Preis liege, welchen die Klägerin für ein adäquates Neufahrzeug aufwenden müsse. Diese Behauptung hat sie jedoch lediglich pauschal in den Raum gestellt, ohne konkret – wozu der Senat sie indes ausdrücklich im Termin vom 28.7.2023 aufgefordert hatte – zu dem streitgegenständlichen Fahrzeug vorzutragen, weshalb ihr Vortrag insoweit als unzureichend anzusehen und damit im Ergebnis unbeachtlich ist. In dem ihr auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung nachgelassenen Schriftsatz vom 31.8.2023 hat die Beklagte lediglich ihre diesbezügliche Behauptung nochmals wiederholt und unter Bezugnahme auf einen Listenpreis in Höhe von 26.100,00 EUR brutto bzw. 21.932,77 EUR netto gemäß Anlage … ausgeführt, dass sich unter Zugrundelegung eines Rabattes in Höhe von 20 % auf Neufahrzeuge lediglich ein Kaufpreis von 17.546,22 EUR ergebe. Bei dem von ihr in Bezug genommenen Listenpreis der Anlage … handelt es sich jedoch bereits nicht um den Neupreis, sondern den Bruttopreis alt. Darüber hinaus bezieht sich dieser Listenpreis aber auch auf ein anderes Fahrzeugmodell mit einer anderen Motorleistung, nämlich einen Audi A 1 vom Typ S line 30 TFSI S tronic mit einem 81 kW-Motor und nicht auf einen hier streitgegenständlichen Audi A 1 Sportback mit einem 85 kW-Motor. Zudem lässt der Vortrag der Beklagten die Ausstattungsmerkmale des konkreten Fahrzeuges, welche nach dem Vortrag der Klägerin alleine Mehrkosten in Höhe von 6.000,00 EUR brutto ausmachen, gänzlich unberücksichtigt. Da es demgemäß bereits an substantiiertem Vortrag der Beklagten mangelt, war auch eine diesbezügliche Beweisaufnahme nicht veranlasst. Demgemäß ist die Naturalrestitution auf den Preis eines gebrauchten Kraftfahrzeugs beschränkt.

Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung kann ein Rabatt dann jedoch nur anspruchsmindernd berücksichtigt werden, wenn er auf den Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen gewährt wird. Unstreitig kauft die Klägerin allerdings keine Gebrauchtwagen an. Damit ist es ausgeschlossen, dass der Klägerin ein Großkundenrabatt für Gebrauchtwagen zugänglich ist. Insofern kann hier entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berücksichtigung eines Großkundenrabatts bei der Abrechnung fiktiver Reparaturkosten (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19, juris Rn 14) herangezogen wer den. Dieser Rechtsprechung liegt – was hier gerade nicht der Fall ist – zugrunde, dass dem Geschädigten ein entsprechender Rabatt bei der Schadensabwicklung ohne weiteres zugänglich war. Ferner findet die Argumentation des Landgerichts keine Stütze in der Überlegung, dass die Klägerin das verunfallte Fahrzeug bereits mit einem Rabatt angeschafft habe und das Unfallfahrzeug wiederum durch ein Neufahrzeug ersetzt werde, wodurch sich Gewinne ergeben könnten, was dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot zuwiderlaufe. Zum einen ist für die Schadensabwicklung alleine der Preis maßgebend, den der Geschädigte beim Kauf eines gleichwertigen Fahrzeugs aufwenden müsste. Auf die Anschaffungskosten, den Ab schreibungswert oder den Preis, den der G...

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