"… 1. Zwischen den Parteien steht allein im Streit, ob die vom Kl. nunmehr ausgeübte Tätigkeit als seit Juli 2008 beim Kreis K. angestellter Rettungsassistent seiner bei Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübten Tätigkeit als Dachdeckergeselle in Bezug auf seine “bisherige Lebensstellung' entspricht. Denn die Bekl., die bis zum März 2016 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung erbracht hatte, hatte nach Anerkennung ihrer Leistungspflicht sowie der Zahlung einer monatlichen Rente i.H.v. 348,08 EUR unter gleichzeitiger Befreiung von der Pflicht zur Zahlung der monatlichen Prämien i.H.v. 70,36 EUR seit dem Jahr 2006 ihre Leistungen zum 1.4.2016 eingestellt und sich im Zuge einer Nachprüfung gem. § 7 Abs. 1 BUZ-BB darauf berufen, dass der Kl. eine andere Tätigkeit gem. § 2 Abs. 1 BUZ-BB ausübt."

2. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der vom Kl. nun ausgeübte Beruf des Rettungsassistenten der bisherigen Lebensstellung als Dachdeckergeselle entspricht. Dem schließt der Senat sich an.

a. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach § 2 Abs. 1 der Bedingungen der Bekl. nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung des VN entspricht. Die bisherige Lebensstellung wird v.a. durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf (…). Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (…).

aa. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass eine Tätigkeit als Rettungsassistent keine geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten als die eines Dachdeckergesellen erfordert, denn beide Berufe bedingen eine qualifizierte Ausbildung. Zu Recht hat das LG weiter darauf hingewiesen, dass die soziale Wertschätzung eines Rettungsassistenten jedenfalls nicht unter der eines Dachdeckergesellen liegen dürfte. Dem ist der Kl. in der Berufungsbegründung nicht entgegengetreten.

bb. Unterschiedliche Auffassungen vertreten die Parteien hinsichtlich der Berechnung der Vergütung (ob einerseits ein Gehalt als Dachdeckerfachgeselle und ob andererseits bei der Vergütung des Kl. als Rettungsassistent die an ihn gezahlten Zulagen zu berücksichtigen sind) und wie die vom Kl. nun zu leistenden Arbeitszeiten zu berücksichtigen sind und möglicherweise einer Verweisung entgegenstehen. Diese Streitfragen sind jedoch im Sinne der Bekl. zu beantworten.

(1) Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass das vom Kl. zuletzt als Dachdeckergeselle erzielte Gehalt der Vergleichsberechnung zugrunde zu legen ist und nicht die Vergütung eines Dachdeckerfachgesellen. Eine solche hat der Kl. zu keinem Zeitpunkt erzielt, denn er war unstreitig zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit im Jahr 2006 noch keine drei Jahre als Dachdecker tätig gewesen. Der von ihm behauptete “Automatismus' einer Bezahlung als Dachdeckerfachgeselle nach Ablauf der drei Jahre liegt nicht vor. Denn die Bekl. hat unwidersprochen unter Berufung auf den Rahmentarifvertrag für das Dachdecker-Handwerk vorgetragen, dass neben der dreijährigen Tätigkeit weitere Voraussetzungen vorliegen müssen, nämlich die Fähigkeit zur Anleitung nachgeordneter Lohngruppen und die selbstständige Ausführung von Arbeiten. Ob diese Voraussetzungen bei einem Dachdeckergesellen vorliegen, unterliegt einer individuellen Entscheidung, weshalb sich die Anerkennung des vom Kl. geltend gemachten “Automatismus' verbietet. Denn das aus der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages folgende zwingende Tarifrecht sieht erst bei Vorliegen dieser individuellen Voraussetzungen eine andere Einstufung vor. Während der Berufsausübung des Kl. lagen diese indes unstreitig zu keinem Zeitpunkt vor.

Es ist bei Berufsunfähigkeitsversicherungen auch allgemein üblich, auf den tatsächlich zuletzt ausgeübten Beruf (Hervorhebung durch den Senat) abzustellen und nicht auf einen fingierten Beruf (…). Denn allein die Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalls liefert die Vergleichsmaßstäbe dafür, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht. Deshalb muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte und welche Fähigkeiten sie voraussetzte. Die vom VR zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (…). Wenn es um die Leistungsei...

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