GG Art. 3 Abs. 1; StVG § 4 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 S. 1 Nr. 1 § 6a Abs. 1 und 3; VwKostG § 14 Abs. 2 S. 1; GebOSt § 1 Abs. 1 (Gebührentarif Nr. 209 und 400) § 2 Abs. 1 Nr. 1 § 4 Abs. 1 Nr. 1

Leitsatz

Die Ablehnung der Erteilung einer Fahrerlaubnis führt nicht zur Löschung von Punkten im Verkehrszentralregister in entsprechender Anwendung von § 4 Abs. 2 S. 3 StVG.

BVerwG, Urt. v. 27.9.2012 – 3 C 33.11

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Kosten für eine auf § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StVG gestützte Verwarnung des Kl. Die Behörde war der Auffassung, dass der Kl. u.a. wegen strafgerichtlicher Verurteilungen in den Jahren 2001 und 2002 im VZR einen Stand von 12 Punkten erreicht habe. Demgegenüber meinte der Kl., die entsprechenden Punkte seien nicht zu berücksichtigen, da im Jahr 2004 ein von ihm gestellter Antrag auf Fahrerlaubniserteilung abgelehnt worden sei. § 4 Abs. 2 S. 3 StVG, wonach dann, wenn die Fahrerlaubnis entzogen oder eine Sperre nach § 69a StGB angeordnet worden ist, die Punkte für die vor dieser Entscheidung begangenen Zuwiderhandlungen gelöscht werden, sei auf den Fall der Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Fahrerlaubnis zumindest entsprechend anwendbar. Seine Klage ist in beiden Vorinstanzen (VGH Bad-Württ., Urt. v. 20.9.2011 – 10 S 2850/10; VG Freiburg, Urt. v. 4.5.2010 – 5 K 1363/09) ohne Erfolg geblieben.

2 Aus den Gründen:

[10]“ … II. Die Revision des Kl. ist unbegründet. Die Annahme des BG, die in § 4 Abs. 2 S. 3 StVG angeordnete Löschung von Punkten im VZR erfasse weder unmittelbar noch in entsprechender Anwendung den Fall der Ablehnung einer beantragten Fahrerlaubnis, steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Danach hat der Bekl. den Kl. zu Recht auf Zahlung von Kosten für die Erteilung einer Verwarnung nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StVG sowie für die Zurückweisung des vom Kl. gegen die Kostenerhebung eingelegten Widerspruchs in Anspruch genommen.

[11] 1. Gem. § 6a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StVG werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen einschließlich Verwarnungen nach diesem Gesetz und den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. § 6a Abs. 2 StVG ermächtigt dazu, die gebührenpflichtigen Amtshandlungen sowie die Gebührensätze für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Gem. § 6a Abs. 3 S. 1 StVG findet im Übrigen das Verwaltungskostengesetz – VwKostG – v. 23.6.1970 (BGBl I S. 821), geändert durch Art. 41 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung v. 14.12.1976 (BGBl I S. 3341), Anwendung.

[12] Nach § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr v. 26.6.1970 (BGBl I S. 865) – GebOSt – ergeben sich die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze aus dem der Gebührenordnung als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr. Die Nummer 209 des Gebührentarifs sieht für Verwarnungen nach dem Punktsystem (§ 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 StVG) eine Gebühr i.H.v. 17,90 EUR vor. Aus der Nummer 400 des Gebührentarifs ergibt sich, dass für die Zurückweisung eines Widerspruchs eine Gebühr in Höhe der Gebühr für die angefochtene Amtshandlung, mindestens jedoch i.H.v. 25,60 EUR anfällt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt hat der Gebührenschuldner darüber hinaus als Auslagen die Entgelte für Zustellungen durch die Post zu tragen. Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 GebOSt gehören zu den vom Gebührenschuldner zu tragenden Auslagen darüber hinaus die Beträge, die anderen in- und ausländischen Behörden, öffentlichen Einrichtungen oder Beamten zustehen. Zur Zahlung der Kosten ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst hat.

[13] Danach waren – was auch von den Beteiligten nicht weiter in Zweifel gezogen wird – die erhobenen Kosten der Höhe nach gerechtfertigt.

[14] 2. Die Rechtswidrigkeit der Auferlegung dieser Kosten ergibt sich nicht daraus, dass die Verwarnung zu Unrecht erfolgt ist (vgl. § 14 Abs. 2 S. 1 VwKostG).

[15] Der Kl. ist zu Recht gem. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StVG verwarnt worden. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde den Inhaber einer Fahrerlaubnis, wenn sich acht aber nicht mehr als 13 Punkte im VZR ergeben, darüber schriftlich zu unterrichten, ihn zu verwarnen und ihn auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach Abs. 8 hinzuweisen.

[16] Das BG geht davon aus, diese Voraussetzung habe vorgelegen, weil das VZR für den Kl. wegen seiner 2001 und 2002 erfolgten Verurteilungen einen Stand von zwölf Punkten ausgewiesen habe. Allerdings war bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 9.7.2009 noch eine weitere strafgerichtliche Entscheidung zu Lasten des Kl. ergangen, das seit dem 8.8.2008 rechtskräftige Urt. des AG, mit dem der Kl. wegen einer am 21.1.2008 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt wurde. Hieraus ergaben sich vier weitere Punkte, die nach dem sog. Tattagprinzip (vgl. dazu Urt. v. 25.9. 2008 – BVerwG 3 C 3.07 – [zfs 2009, 113 =] BVerwGE 132, 48 <54 ff.>) zu berücksichtigen sind. Das führte für den Kl...

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