BGB § 242

Leitsatz

Der durch den Mieter eines Fahrrades Geschädigte hat einen Auskunftsanspruch gegen den Fahrradvermieter über Vor- und Zuname und die Anschrift seines Mietkunden.

(Leitsatz der Schriftleitung)

AG Berlin-Mitte, Urt. v. 5.8.2010 – 13 C 81/09

Sachverhalt

Die bekl. Fahrradvermieterin wurde von dem Geschädigten nach deren Weigerung zur Benennung ihres Mieters von der Kl. auf Angabe des Vor- und Zunamens und der Anschrift ihres Kunden in Anspruch genommen. Die Kl. hatte ihren Pkw geparkt, als das daneben abgestellte von der Bekl. vermietete Fahrrad gegen den geparkten Pkw fuhr und diesen beschädigte. Die Bekl. weigerte sich, die Personalien ihres Mieters der Kl. anzugeben. Sie wurde antragsgemäß verurteilt.

2 Aus den Gründen:

"Die Kl. hat gegen die Bekl. aus Treu und Glauben einen Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschrift des letzten Mieters ihres Mietfahrrades."

Aus § 242 ergibt sich eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Recht im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 261 Rn 8).

Vorliegend ergibt sich aus der Tatbestandsaufnahme der Polizei, dass ein Mietfahrrad der Bekl. gegen den Pkw der Kl. gefallen ist. Weiter wurden Schäden an dem Pkw festgestellt. Hierdurch ist eine durch das Eigentum der Bekl. am unfallbeteiligten Fahrrad vermittelte Rechtsbeziehung zwischen den Parteien entstanden (vgl. hierzu Heinrichs, in: Palandt, a.a.O., Rn 9 m.w.N.).

Schuldner des Auskunftsanspruchs ist zwar i.d.R. der Schuldner des Hauptanspruchs, d.h., derjenige, gegen den der Leistungsanspruch – hier ein Schadensersatzanspruch – geltend gemacht werden soll. Aus Treu und Glauben kann sich jedoch ausnahmsweise auch eine Auskunftspflicht von Dritten ergeben, die nicht Schuldner des Hauptanspruchs sind. So hat z.B. der Halter eines verbotswidrig geparkten und abgeschleppten Fahrzeugs dem Geschädigten Name und Anschrift des Fahrers zu nennen (vgl. Heinrichs, in: Palandt, a.a.O., Rn 14 m.w.N.).

So liegt es hier. Der Schadensersatzanspruch richtet sich ggf. gegen den Mieter des Mietfahrrades. Dieser ist der Kl. jedoch aus Gründen, die sie ersichtlich nicht zu vertreten hat, nicht bekannt, wohl aber der Bekl. als Vermieterin des Fahrrades. Dieser ist es auch unschwer möglich, die gewünschten Daten zu ermitteln und an die Kl. weiterzuleiten. Die Kl. hat es im Übrigen auch nicht zu vertreten, dass sie über die Entstehung des Schadens und der Verursachungsbeitrag des letzten Mieters im Ungewissen ist, da es für das Abstellen des Fahrrades bislang keine Zeugen gibt und ihr Name und Anschrift des Mieters des Fahrrades unbekannt sind, sodass dieser bislang nicht mit dem Sachverhalt konfrontiert werden konnte. Gerade zu diesem Zweck ist die begehrte Auskunft erforderlich.“

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Bodo K. Seidel, Berlin

3 Anmerkung

1) Das größte Problem bei der Durchsetzung eines Anspruchs ist die fehlende Information über anspruchsbegründende Umstände. Kennt der Geschädigte den Namen und die Anschrift des möglichen Haftenden nicht, muss er den Versuch wagen, im Wege einer Auskunftsklage den Namen zu ermitteln (vgl. zu den Arten der Auskunft Lorenz, JuS 1995, 569 ff.). Trotz der Betonung der Rspr., dass eine allg. Auskunftspflicht nicht bestehe (vgl. BGH NJW 1979, 1823; BGH NJW 1990, 3151), wird doch für die gerade im Straßenverkehrsrecht häufige Konstellation angenommen, dass ein Dritter, der nicht Schuldner des mit der Auskunft vorbereiteten Hauptanspruchs ist, Auskunft zu erteilen hat. Auskunft ist dabei die Mitteilung von Tatsachen auf Grund vorheriger Anfrage (Lüke, JuS 1986, 2) Für den Bereich deliktischer Haftung besteht eine Verpflichtung des Krankenhausträgers, Name und Anschrift des behandelnden Arztes mitzuteilen (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1984, 670; AG Offenbach NJW 1990, 2321). Der hinter einer Thekenmannschaft stehende Sportverein muss einem verletzten Spieler einer gegnerischen Freizeitmannschaft die Identität des Verletzers offen legen (vgl. LG Köln NJW-RR 1986, 832).

3) Nicht schützenswert und den Dritten zur Verweigerung der Auskunft berechtigend, sind dabei menschlich verständliche Bestrebungen, einem Freund, einem Kollegen, einem Kunden durch Verschweigen Unannehmlichkeiten zu ersparen. Ausschlussgründe für die Verpflichtung zur Auskunftserteilung sind nur die Kenntnismöglichkeit des erfragten Umstands und ein übermäßiger Arbeitsaufwand zur Erteilung der Auskunft. Entschuldbare Ungewissheit des die Auskunft Fordernden ist dann nicht gegeben, wenn er die Kenntnis der Umstände unschwer erlangen kann. Ist etwa dem Patienten eine umfassende Behandlungsdokumentation überlassen worden, kann er aus ihr unschwer die Namen der ihn Behandelnden entnehmen, sodass ihm kein Anspruch auf Auskunft über die Personalien des Personals des Krankenhauses zusteht (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 1604). Sind die aufklärend...

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