BGB § 133 § 157

Zur Frage eines sich aus der wirtschaftlichen Einheit eines Leasingvertrages mit einem Dienstleistungsunternehmen ergebenden Leistungsverweigerungsrechts.

BGH, Urt. v. 8.7.2009 – VIII ZR 327/08

Die Klägerin betreibt ein Leasingunternehmen, der Beklagte führt freiberuflich eine Arztpraxis.

Die Parteien schlossen am 1./6.4.2005 einen Leasingvertrag über eine digitale TV-Multimedia-Empfangsanlage mit Fernbedienung (im Folgenden: Anlage), die dem Beklagten bereits am 17.3.2005 von der v. AG geliefert und im Wartezimmer der Arztpraxis des Beklagten installiert worden war. Als monatlich fällige Leasingrate vereinbarten die Parteien einen Betrag von 189,90 EUR (brutto). Mit schriftlicher Übernahmeerklärung vom 17.3.2005 bestätigte der Beklagte der Klägerin, dass ihm das Leasingobjekt fabrikneu, mangelfrei und in einwandfrei funktionierendem Zustand von der v. AG geliefert worden sei.

In dem Leasingvertrag findet sich vor den Unterschriften der Parteien folgender von der Klägerin vorformulierter Text:

" … Zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer wurden außer der Bereitstellung der o.a. Leasingobjekte keinerlei weitere Nebenleistungen vereinbart. Sollte es zu Leistungsstörungen bezüglich irgendwelcher weiterer Dienstleistungen kommen, die ein Dritter, wie zum Beispiel die Lieferantin gegenüber dem Leasingnehmer erbringen muss, berührt dies die Zahlungsverpflichtungen des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber nicht."

Nach den vertraglichen Vereinbarungen des Beklagten mit der v. AG, die einen digitalen Fernsehsender betrieb, verpflichtete sich diese, dem Beklagten eine monatliche "Pauschale" von 175 EUR (brutto) als Subventionsleistung dafür zu bezahlen, dass er die Ausstrahlung eines von ihr verantworteten Fernsehprogramms (u.a. Gesundheitstipps, Werbung) in seinem Wartezimmer gestattete.

Sowohl der Leasingvertrag mit der Klägerin als auch der Vertrag mit der v. AG wurden dem Beklagten durch die Zeugen J und H E S vermittelt. Die Zeugen erläuterten dem Beklagten bei der Vertragsanbahnung, dass sich "das System" für ihn "kostenneutral" gestalten werde, da die von der v. AG zu zahlende monatliche Pauschale etwa die von dem Beklagten geschuldeten monatlichen Leasingraten abdecken würde.

Im Mai 2005 beantragte die v. AG die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und stellte sowohl die Ausstrahlung des Fernsehprogramms als auch die Zahlungen der Pauschale an den Beklagten ein. Der Beklagte seinerseits zahlte in der Folgezeit keine weiteren Leasingraten an die Klägerin.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung rückständiger Leasingraten in Höhe von 3.226,66 EUR in Anspruch. Das AG hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das LG zurückgewiesen. Mit der vom LG zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Aus den Gründen:

[8] “Die Revision hat Erfolg.

[9] I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

[10] Der Beklagte habe zwei rechtlich selbständige Verträge abgeschlossen. Die Ausstrahlung des Fernsehprogramms sowie die Zahlung der monatlichen Pauschale seien von der Klägerin nicht geschuldet. Diese habe ihre Leistung erbracht, indem sie die Anlage angekauft und dem Beklagten mangelfrei zur Verfügung gestellt habe. Somit könne der Beklagte der Klägerin die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegenhalten.

[11] Ein von der Rspr. ursprünglich auf der Grundlage von § 242 BGB hergeleiteter, später in § 9 VerbrKrG verankerter und nunmehr in den §§ 358, 359 BGB normierter Einwendungsdurchgriff scheitere schon daran, dass die letztgenannten Normen nur auf Verbraucher anwendbar seien. Der Beklagte habe die Verträge jedoch im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit geschlossen; er sei daher als Unternehmer i.S.d. § 14 BGB anzusehen. Der Gesetzgeber habe den Einwendungsdurchgriff mit den §§ 358, 359 BGB abschließend regeln wollen, sodass ein über deren Anwendungsbereich hinausgehender Rückgriff über § 242 BGB grundsätzlich ausgeschlossen sei. Besondere Umstände, die es ausnahmsweise rechtfertigten, dem Beklagten dennoch einen Einwendungsdurchgriff zuzugestehen, seien nicht ersichtlich. Zwar könne davon ausgegangen werden, dass der Klägerin bekannt gewesen sei, dass die Ärzte die Leasingverträge über die von der v. AG gelieferte Hardware nur wegen der von den Zeugen S betonten Kostenneutralität des Gesamtgeschäfts abgeschlossen hätten. Die Klägerin habe jedoch in dem Leasingvertrag ausdrücklich schriftlich klargestellt, dass Leistungsstörungen im Dienstleistungsverhältnis mit der Lieferantin die Zahlungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin nicht berührten. Diese Klausel halte als von der Klägerin verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung rechtlicher Prüfung stand, da sie lediglich auf die außerhalb von Verbraucherkreditverträgen geltende Rechtslage hinweise, dass der Leasingvertrag unabhängig von den Vereinbarungen mit der v. AG bestehe und deshalb ein Einwendungsdurchgriff nicht bestehe. ...

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