Aus den Gründen:„ Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben (Ziff. 2 der Verfügung der Beklagten v. 9.5.2005, soweit darin vom Kläger die Ablieferung des Führerscheins zum Versand an das Ausstellerland verlangt wurde), war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Das Urt. des VG war insoweit für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO in entsprechender Anwendung).

Im Übrigen ist die Berufung zulässig und begründet. Die Verfügung der Beklagten v. 9.5.2005 in der Fassung der mündlichen Verhandlung und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums K. v. 25.10.2005 sind nach Umdeutung von Ziff. 1 der Verfügung rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

1. In Ziff. 1 der Verfügung der Beklagten v. 9.5.2005 wird dem Kläger das Recht aberkannt, von seiner in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Der Senat deutet diese Entscheidung im Hinblick auf die Urt. des EuGH vom 26.6.2008 in den Verfahren C-329/06 und 343/06 – Wiedemann [zfs 2008, 473] – sowie C-334/06 – C-336/06 – Zerche – (jeweils juris) in einen feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts um, dass die dem Kläger in der Tschechischen Republik am 10.11.2004 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse B ihn nicht berechtigt, Kraftfahrzeuge dieser Klasse im Bundesgebiet zu führen.

1.1 Der Kläger ist nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 FeV nicht berechtigt, Fahrzeuge im Inland zu führen. Dem Kläger wurde die inländische Fahrerlaubnis zweimal rechtskräftig entzogen; im Zeitpunkt der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis hatte er – ungeachtet der Eintragung eines tschechischen Wohnsitzes im Führerschein – seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland. Ein ordentlicher Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland wird angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und/oder beruflicher Bindungen gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt (§ 7 Abs. 1 S. 2 FeV; vgl. auch Art 9 der Richtlinie 91/439/EWG). Der Kläger hat in dem Formular "Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis" seine deutsche Adresse angegeben. Nach den nicht infrage gestellten Angaben der Beklagten war er ununterbrochen im Bundesgebiet gemeldet. Zwar hat er in der Klagebegründung zunächst vorgetragen, er habe sich zum Zweck des Fahrerlaubniserwerbs längere Zeit bei einer in Tschechien wohnhaften Tante aufgehalten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er diese Angabe aber ausdrücklich dahingehend konkretisiert, dass es sich um gelegentliche Besuchsaufenthalte gehandelt hat. Auch sonstige persönliche und berufliche Bindungen an Tschechien sind nicht erkennbar, insbesondere war der Kläger nach eigenen Angaben im fraglichen Zeitraum arbeitslos. Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert geltend gemacht, dass er sich für den zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Tschechien erforderlichen Mindestzeitraum von 185 Tagen im Kalenderjahr dort aufgehalten hatte bzw. bei der Begründung des Aufenthalts die Absicht gehabt hatte, sich dort mindestens 185 Tage aufzuhalten.

Der Anwendung der Bestimmung des § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV steht Gemeinschaftsrecht nicht entgegen. Nach Art 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG hängt die Ausstellung eines EU- Führerscheins u.a. vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes ab. Nach Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG kann es der Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die u.a. eine Maßnahme des Entzugs angewendet wurde. Allerdings hatten die Mitgliedstaaten nach der früheren Rspr. des EuGH zur Richtlinie 91/439/EWG auch eine unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen. Für den aufnehmenden Mitgliedstaat bestand lediglich die Möglichkeit, sich wegen des Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis an den ausstellenden Mitgliedstaat zu wenden und diesen um Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnis zu bitten (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 29.4.2004 – C-476/01, Slg. I-5205, Rn 48 f.[= zfs 2004, 287]). Aus der neueren Rechtssprechung des EuGH (Urt. v. 26.6.2008, a.a.O.) zur Auslegung der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG ergibt sich nunmehr, dass der Aufnahmemitgliedstaat die Anerkennung einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis ablehnen kann, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz i.S.v. Art. 7 Abs. 1, Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedst...

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