Beleuchtet werden muss, welche konkreten Tätigkeiten der einzelne Erblasser im Rahmen des familiengerichtlichen Vergleichs, der in einen Erbvertrag umgedeutet werden soll, entfalten muss, und wie sich etwaige Vorgaben zu diesen Erfordernissen im Anwaltsprozess auswirken.

Zunächst muss der Erblasser persönlich handeln, dies muss sich auch aus dem Protokoll ergeben (entsprechend den §§ 159 ff ZPO).[46]
Das führt dazu, dass jedenfalls derjenige der Vergleichspartner vor dem Familiengericht, der "Erblasser" gemäß dem § 2274 BGB ist, höchstpersönlich agieren muss. Er muss also selbst tätig werden.
Dies wird im Nicht-Anwaltsprozess jedoch dann unproblematisch sein, wenn formell ordnungsgemäß nach den §§ 159 ff ZPO protokolliert ist, dass der Vergleich diktiert, vorgespielt und genehmigt ist (bei älteren Vergleichen niedergeschrieben, vorgelesen und genehmigt wurde).

Liegt aber ein Anwaltsprozess vor, so ist hM, dass neben der persönlichen Erklärung des Erblassers selbst, siehe oben, auch der Rechtsanwalt ordnungsgemäß tätig werden muss.[47]

Ist also ein Anwaltsprozess gegeben, muss einerseits der Erblasser persönlich agieren, siehe oben, darüber hinaus aber auch der Anwalt zusätzlich formell ordnungsgemäß den Vergleich für seinen Mandanten abschließen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass jedenfalls die notwendige Erklärung des Anwalts vorliegt, wenn im Protokoll vermerkt ist "vorgelesen und genehmigt" (bei Vergleichen aus der ferneren Vergangenheit, die noch nicht diktiert worden sind), jedenfalls aber aktuell sich im Protokoll die Formel findet "diktiert, vorgespielt und genehmigt" für Vergleiche, die diktiert und dann vorgespielt werden.[48]

Diesbezüglich ist die Frage zu beantworten, inwiefern im Protokoll in einem solchen Fall die Feststellung gegeben sein muss, dass sich aus den Notizen im Protokoll selbst ergibt, der Erblasser habe (neben dem Anwalt) die notwendige Erklärung zum Abschluss des Vertrags/familiengerichtlichen Prozessvergleichs höchstpersönlich abgegeben.

Hierzu wird von der hM vertreten, dass es nicht zwingend geboten sei, die Tatsache der persönlichen Abgabe der Erklärung des Erblassers sei im Protokoll explizit festzuhalten. Insofern soll es genügen, dass diese persönliche Abgabe der Erklärung auf andere Weise nachgewiesen werden kann.[49]

Das erscheint sinnvoll, denn lässt man auch im Hinblick auf die gesetzliche Systematik der §§ 2276, 127 a BGB in Verbindung mit den §§ 159 ff ZPO grundsätzlich die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses im Wege des gerichtlichen Vergleichs zu (was nach ganz hM möglich ist, siehe oben[50]), so ergibt sich nicht die zusätzliche Voraussetzung aus dem Gesetz, dass im Protokoll explizit vermerkt werden muss, neben der Erklärung des Rechtsanwalts, dem Vergleich würde zugestimmt, wäre auch eine entsprechende Erklärung des jeweiligen Erblassers noch mit aufzunehmen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass gerade ältere Erbverträge, die im Rahmen von gerichtlichen Vergleichen geschlossen werden, tendenziell schon fast "ungenau" protokolliert sind im Hinblick auf die §§ 159 ff ZPO, dies auch erst recht, wenn dies vor Familiengerichten in der ersten Instanz geschieht. War aber der Wille der Vergleichsparteien erkennbar, so erscheint es nicht angebracht, im Hinblick auf den "favor testamenti" (siehe oben), diesen Willen durch übermäßigen Formalismus auszuhebeln.[51] Unklar ist dabei aber, ob die §§ 159 ff ZPO vorgeben, wie genau diese explizite persönliche Erklärung des Erblassers im Protokoll vermerkt werden muss (welcher Wortlaut?). Dies mag umso problematischer sein, je eher der Wortlaut einer entsprechenden Erklärung des Erblassers, so sie denn überhaupt im Protokoll vermerkt ist, ungenau ist. Der Verfasser schließt sich der hM an, unter Rückgriff auf den "favor testamenti". Übertriebener Formalismus, zumal nicht klar ist, wie konkret entsprechende Formalien überhaupt auszusehen hätten, kann nicht dem erklärten Willen der Parteien entgegengehalten werden, wenn ansonsten die subjektiven Voraussetzungen der Umdeutung nach § 140 BGB betreffend die §§ 2302, 2276, 2274 BGB vorliegen, und auch die übrigen objektiven Voraussetzungen des Erbvertrages im Rahmen der §§ 2276, 2274, 127 a BGB gegeben sind.

Das führt nun zur Frage: Wie genau kann konkret "auf andere Weise" nachgewiesen werden, dass eine höchstpersönliche Erklärung des Erblassers durch diesen abgegeben wurde?

Dieser Beleg lässt sich nach diesseitiger Auffassung im Rahmen der allgemeinen Beweisvorschriften der ZPO (§§ 355 ff ZPO) durch reguläre zivilprozessuale Beweiserhebungsmöglichkeiten erbringen. Dabei müssen die üblichen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast gelten, denn es ist nicht ersichtlich, warum in den hier diskutierten Konstellationen hiervon abgewichen werden sollte.

Dazu wird in der Praxis vor allem der Zeugenbeweis zählen, denn möglicherweise lebt der andere Vergleichspartner noch, ebenso die jeweiligen Anwälte und der/die Richter. Faktisch problematisch mag es nur werden, diese aus...

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