Auf einen Blick

Auslegungsfragen stellen sich täglich neu. Gewisse Schwerpunkte liegen in der Umdeutung unwirksamer Ehegattentestamente in Einzeltestamente, aber auch der Frage, wie gemeinschaftliche Testamente auszulegen sind, wenn die Ehegatten nicht nur gemeinsame Kinder haben. Auch bei auf den ersten Blick eindeutigen – ggf. notariell beurkundeten – letztwilligen Verfügungen kann sich die Frage stellen, wie der Erblasser bestimmte Formulierungen gemeint hat. Etwa wenn Erbe werden soll, wer sich um mich "kümmert". Dann muss versucht werden, auch durch äußere Umstände zu klären, was der Erblasser mit dieser Formulierung zum Ausdruck bringen wollte. Verstirbt die Pflegeperson vor dem Erblasser, erben deren Angehörige nur, wenn sich im Testament eine entsprechende Andeutung findet. Wird für den Fall testiert, dass dem Erblasser etwas zustößt, muss geklärt werden, ob dies nur für eine konkret ins Auge gefasste Situation gelten soll oder generell. Die Grenze der Auslegung bilden die erbrechtlichen Formvorschriften, ein nicht einmal andeutungsweise niedergelegter Wille kann nicht berücksichtigt werden.“

Autor: Von Richter am Oberlandesgericht Walter Gierl und Vorsitzendem Richter am Oberlandesgericht Dr. Nikolaus Stackmann, Buxheim und München[1]

ZErb 10/2014, S. 250 - 255

[1] Überarbeitetes Manuskript des Vortrags anlässlich des 10. Münchner Erbrechts- und Deutschen Nachlassgerichtstags am 25.7.2014 in München. Die Vortragsform wurde beibehalten. Die Verfasser sind Mitglieder des 31. Zivilsenats des OLG München.

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