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Am 29. August 2015 verstarb Herr Mahnkopf Zum Zeitpunkt seines Todes war er mit Frau Mahnkopf verheiratet. Beide Ehegatten besaßen die deutsche Staatsangehörigkeit und hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin. Die einzigen Erben des Verstorbenen, der keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen hatte, waren dessen Ehefrau und der gemeinsame Sohn des Paares. Die Ehegatten lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und hatten keinen Ehevertrag abgeschlossen. Zum Nachlass des Verstorbenen gehört neben Vermögenswerten in Deutschland auch ein hälftiger Miteigentumsanteil an einem Grundstück in Schweden.

Auf Antrag von Frau Mahnkopf erteilte das für die Herrn Mahnkopf betreffende Erbsache zuständige Amtsgericht Schöneberg (Deutschland) am 30. Mai 2016 einen nationalen Erbschein, wonach die ihn überlebende Ehefrau und der Abkömmling den Erblasser aufgrund der nach deutschem Recht geltenden gesetzlichen Erbfolge den Erblasser jeweils zur Hälfte beerbten. Das vorlegende Gericht führt aus, dass sich der der Ehegattin zugesprochene Erbteil aus der Anwendung des § 1931 Abs. 1 BGB ergebe, wonach der dem überlebenden Ehegatten zustehende gesetzliche Erbteil von einem Viertel um ein Viertel erhöht wird, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach § 1371 Abs. 1 BGB gelebt haben.

Am 16. Juni 2016 beantragte Frau Mahnkopf bei einem Notar auch die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses nach der Verordnung Nr. 650/2012, in dem nach der gesetzlichen Erbfolge des nationalen Rechts ebenfalls sie und ihr Sohn als Miterben je zur Hälfte ausgewiesen sein sollten. Dieses Nachlasszeugnis wollte sie für die Umschreibung ihrer Eigentümerstellung an dem in Schweden gelegenen Grundstück verwenden. Der Notar legte Frau Mahnkopf Antrag dem Amtsgericht Schöneberg vor.

Dieses wies den Antrag auf Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses mit der Begründung zurück, dass das Erbteil der Ehegattin des Verstorbenen, was ein Viertel des Nachlasses angehe, auf erbrechtlichen Bestimmungen beruhe und, was ein anderes Viertel des Nachlasses betreffe, auf der güterrechtlichen Regelung des § 1371 Abs. 1 BGB. Die Vorschrift, aufgrund deren dieses zuletzt genannte Viertel zugesprochen worden sei, gehöre jedoch zum ehelichen Güterrecht und nicht zum Erbrecht. Sie falle daher nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 650/2012.

Frau Mahnkopf legte gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Kammergericht (Berlin, Deutschland) ein. Darin hält sie an ihrem ursprünglichen Antrag fest; hilfsweise beantragt sie die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, in dem zu informatorischen Zwecken darauf hingewiesen wird, dass ihre erbrechtlichen Ansprüche, soweit sie ein Viertel des Nachlasses betreffen, auf der Zugewinngemeinschaft beruhen.

Das vorlegende Gericht führt aus, dass in der deutschen Literatur streitig sei, ob § 1371 Abs. 1 BGB als erbrechtliche oder als güterrechtliche Norm anzusehen sei. Der Zweck des § 1371 Abs. 1 BGB, den Ausgleich des ehelichen Zugewinns nach Beendigung der Gütergemeinschaft herbeizuführen, ende mit dem Tod eines Ehegatten, so dass es sich nicht um eine Rechtsnachfolge "von Todes wegen" im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 650/2012 handele. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Regelung müsse immer dann angewandt werden, wenn die Ehewirkungen, einschließlich der Fragen des ehelichen Güterrechts, sich nach deutschem Recht richteten. Diese Anwendung sei nicht gewährleistet, wenn man diese Regelung als erbrechtliche Vorschrift ansähe, weil ihr Anwendungsbereich dann auf die Fälle beschränkt wäre, in denen sich die Rechtsnachfolge gemäß den Art. 21 und 22 der Verordnung Nr. 650/2012 nach deutschem Erbrecht bestimme.

Außerdem fehle es an einer Harmonisierung der Vorschriften zum ehelichen Güterrecht auf Unionsebene, so dass der sich aus der Anwendung einer güterrechtlichen Regelung – vorliegend § 1371 Abs. 1 BGB – ergebende erhöhte gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten generell nicht, auch nicht zu rein informatorischen Zwecken, im Europäischen Nachlasszeugnis ausgewiesen werden könne.

Dieser aufgrund einer güterrechtlichen Regelung erhöhte Erbteil könne jedoch dann im Europäischen Nachlasszeugnis angegeben werden, wenn das anzuwendende Erbrecht gemäß den Art. 21 und 22 der Verordnung Nr. 650/2012 sowie das für die Eheleute geltende Güterrecht – unabhängig davon, welches Kollisionsrecht zur Anwendung komme – nach dem Recht desselben Mitgliedstaats zu bestimmen seien. Im vorliegenden Fall richteten sich das auf den Erbfall anzuwendende Recht sowie das eheliche Güterrecht ausschließlich nach deutschem Recht.

Gemäß den Ausführungen des vorlegenden Gerichts könnten die Formulierungen in Art. 67 Abs. 1 und Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 650/2012, wonach der zu bescheinigende Sachverhalt nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht "oder jedem anderen auf einen spezifischen Sachverhalt anzuwendenden Recht" feststeht bzw. fes...

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