Die Ausgestaltung einer Wiederverheiratungsklausel ist je nach Einheits-, Trennungs- oder Nießbrauchslösung unterschiedlich.[18] Gemein ist allen Varianten, dass damit die Kinder abgesichert werden sollen, die beim ersten Erbfall keinen Pflichtteil geltend gemacht haben. Eine Grenze ist die übermäßige Beschränkung des überlebenden Ehegatten in seiner grundgesetzlich geschützten Eheentschließungsfreiheit. Der vollständige Verlust des Nachlasses kann sittenwidrig sein,[19] sodass dem überlebenden Ehegatten zumindest der Pflichtteil verbleiben sollte. In allen Fällen ist zudem zu beachten, dass die Bindungswirkung für die Verfügungen des Überlebenden für den zweiten Erbfall zumindest diskutiert wird.[20]

Bei der Einheitslösung wird oft (vereinfacht dargestellt) formuliert, dass bei einer Eheschließung der Nachlass bis auf den Pflichtteil bzw. die Erbteile der Kinder an diese herauszugeben ist. Damit kommt es zu einer auflösend bedingten Vollerbschaft mit einer aufschiebend bedingten Nacherbschaft und im Ergebnis zu der eigentlich nicht gewollten Trennungslösung.[21] Die (fachgerechte) Alternative ist ein Vermächtnis zugunsten der Schlusserben.[22] Grundsätzlich sollte es mit der Wiederverheiratung anfallen und fällig sein. Die Quote kann sich an dem Erbteil der Schlusserben und die Höhe an dem Nachlass zum Zeitpunkt des ersten Erbfalls (begrenzt auf das bei der Wiederverheiratung Vorhandene) orientieren. Ein späterer Zeitpunkt wird eher Streit verursachen. Sinnvoll ist zudem, einen Anspruch auf bzw. eine Verpflichtung zur Nachlassverzeichnisaufnahme aufzunehmen. Allerdings wird ein solcher Anspruch oft nicht geltend gemacht. Zudem stellen sich die Folgefragen der Bewertung sowie die einer Indizierung zum Wiederverheiratungszeitpunkt.

Bei der Trennungslösung kann sich z. B. die befreite Vorerbschaft in eine unbefreite wandeln. Die Vorerbschaft kann mit der Wiederverheiratung auch enden, also der Nacherbfall eintreten.[23] Auch der (nachträgliche) Eintritt der gesetzlichen Erbfolge wird als Folge der Wiederverheiratung vorgeschlagen.

Bei der Nießbrauchslösung schließlich endet meist der Nießbrauch mit der Wiederverheiratung. Da die Trennung der Erbteile hier ohnehin schon vorgelegen hat, ist die Umsetzung einer Wiederverheiratungsklausel bei dieser Variante am einfachsten.

Insgesamt haben alle Varianten einen hohen Regelungsbedarf. Sie beinhalten Unsicherheiten und sind damit streitanfällig. Dies gilt zwar weniger für die Nießbrauchslösung, aber dort ist die gesamte Konstruktion schon sehr starr.

Gerade bei jüngeren Menschen erscheint eine Wiederverheiratungsklausel nicht praktikabel, zumal deren Zweck heutzutage kaum mehr erreicht wird: Das Zusammenleben mit einem neuen Partner, und damit seine Teilhabe am Lebensstandard, ist schon lange auch ohne Eheschließung unproblematisch. Bei einer zu folgenreichen Wiederverheiratungsklausel kann und wird also meist einfach auf die neue Ehe verzichtet werden. Zudem kann eine Eheschließung geplant und können vorher Vermögensverschiebungen vorgenommen werden. Angesichts der bei jüngeren Menschen vermutlich langen verbleibenden Lebenszeit ist eine neue Partnerschaft schließlich eher als Regelfall anzunehmen und nicht als Ausnahme. Komplizierte und streitanfällige Regelungen für ein sehr wahrscheinliches Szenario sind aber nicht zu empfehlen. Wiederverheiratungsklauseln sind bei der Nachlassgestaltung für jüngere Menschen daher grundsätzlich nicht hilfreich.[24]

[18] Vgl. im Einzelnen: Tanck/Krug, § 19 Rn 71–102; Völzmann, Wiederverheiratungsklauseln, RNotZ 2012, 1; Scherer/Ridder, § 11 Rn 80–87.
[19] Bamberger/Roth/Litzenburger, Stand: 01.11.2014, § 2268 BGB Rn 42, § 2074 Rn 19; Gaier, Die Bedeutung der Grundrechte für das Erbrecht, ZEV 2006, 2, 5.
[20] Vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.4.1961, NJW 1961, 1410; Scherer/Ridder, § 11, Rn 264.
[21] Horn, Zehn Optimierungsmöglichkeiten für das Berliner Testament, NJW 2013, 2166, 2167; Völzmann, RNotZ 2012, 1, 8.
[22] Horn, NJW 2013, 2166, 2167.
[23] Völzmann, RNotZ 2012, 1, 6 f.
[24] Ähnlich: Kanzleiter, ZEV 2014, 225, 230 f.

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