Bei der Einheitslösung setzen sich die Ehegatten gegenseitig zum alleinigen Vollerben und zu Schlusserben die gemeinschaftlichen Kinder zu jeweils gleichen Teilen ein.[3] Eine Ersatzerbenregelung, eine Anordnung für den Katastrophenfall, eine Pflichtteilsklausel, ein Anfechtungsverzicht, eine Regelung zur Wechselbezüglichkeit bzw. Bindungswirkung sowie ggf. Schweigepflichtentbindungserklärungen, eine Rechtswahl und eine Schiedsklausel vervollständigen die Verfügung.

Die weitgehend bekannten Nachteile sind in den hier interessierenden Konstellationen gravierend: Zwar erhält der überlebende Ehegatte den Nachlass zunächst insgesamt. Es besteht aber die Gefahr, dass Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden; etwa durch einen für Minderjährige eingesetzten Pfleger. Der Pflichtteil liegt zwar unter dem, was für die Kinder für beide Erbfälle vorgesehen war, kann aber den überlebenden Ehegatten in Liquiditätsschwierigkeiten bringen, weil er unverzüglich und in Geld zu zahlen ist. Nur bis zur Volljährigkeit kann auf den Umstand gehofft werden,[4] dass für Minderjährige Pflichtteilsansprüche (für welche die Verjährung gem. § 207 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehemmt ist) zur "Schonung des Familienfriedens" durch einen Pfleger nicht geltend gemacht werden.[5] Zudem kann der Anspruch für die Kinder ohne eine Absicherung hinsichtlich der (späteren) Bezifferung und Durchsetzung gefährdet werden.

Der überlebende Ehegatte ist erbrechtlich gebunden, sodass er eine sich als ungünstig erweisende Regelung nicht mehr ändern kann. So könnte der überlebende Ehegatte weder unter den gemeinschaftlichen Kindern eine u. U. sinnvollere, neue Verteilung vornehmen, noch Kinder aus einer neuen Verbindung bedenken. Dies gilt besonders bei einem Anfechtungsverzicht im Sinne von § 2079 S. 2 BGB[6] und bezieht sich auch auf einen neuen Ehegatten. Ohne einen Anfechtungsverzicht kann es zu einer Anfechtung aufgrund Hinzutreten eines neuen Pflichtteilsberechtigten gem. § 2079 BGB (neuer Ehegatte, weitere Kinder) auch noch nach langer Zeit kommen, was eine äußerst komplizierte Rückabwicklung des ersten Erbfalls zur Folge haben kann.

Verfügt der Ehegatte lebzeitig abweichend von der letztwilligen Verfügung, kommen für die Schlusserben zwar Ansprüche nach § 2287 BGB (analog)[7] in Betracht. Jahre oder Jahrzehnte nach der beeinträchtigenden Verfügung ist deren Durchsetzung meist nicht möglich.[8] Die Beteiligung der Kinder am Nachlass, auf die sich der zuerst verstorbene Ehegatte verließ, kann vom "böswilligen", überlebenden Ehegatten daher ausgehöhlt werden, sodass für die Kinder beim Schlusserbfall nichts mehr vorhanden ist.

Schließlich werden steuerliche Freibeträge nach § 16 ErbStG und weitere steuerliche Vorteile[9] verschenkt, wenn die Kinder beim ersten Erbfall nicht berücksichtigt werden.[10] Insgesamt zeigt sich die Einheitslösung gerade beim langen Überleben des verbleibenden Ehegatten als ungünstig.

[3] Vgl. z. B. Tanck/Krug/Riedel, Anwaltsformulare Testamente, 4. Auflage 2010, § 27 Rn 20; Scherer/Ritter, Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 4. Auflage 2014, § 8 Rn 47 f.
[4] "Pflichtgemäße Entscheidung" des Pflegers: Ott, Beschränkungen des elterlichen Verwaltungsrechts durch den Erblasser, NJW 2014, 3473.
[5] Vgl. Kanzleiter, Das Berliner Testament: immer aktuell und fast immer ergänzungsbedürftig, ZEV 2014, 225, 227, welcher die Gefahr durch Pflichtteilsansprüche der Kinder als "regelmäßig überschätzt" ansieht (226).
[6] BGH NJW 1983, 2247; Damrau/Tanck/Seiler-Schopp/Rudolf, Praxiskommentar Erbrecht, 3. Auflage 2014, § 2079 Rn 27.
[7] Bei gemeinschaftlichen Testamenten, Damrau/Tanck/Krüger, § 2287 Rn 1.
[8] Zu Beweisfragen: Klingelhöffer, Probleme der Darlegungs- und Beweislast im Erbrecht, ZEV 2007, 361, 362; ähnlich schon: ders., Zuwendungen unter Ehegatten und Erbrecht, NJW 1993, 1097.
[9] Vgl. auch Bonefeld/Wachter/Enzensberger, Der Fachanwalt für Erbrecht, 3. Auflage 2014, § 7 Rn 19, 25.
[10] Zu den Grenzen einer sinnvollen "Steueroptimierung" durch diese vgl. Mayer, Erbschaftsteuer sparen um jeden Preis? Testamentsklauseln auf dem Prüfstand (Teil II), DStR 2004, 1409.

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